Ataxie-Teleangiektasie (AT)
Die Ataxie-Teleangiektasie (AT), auch Louis-Bar-Syndrom genannt, ist eine angeborene chronische Erkrankung. Es ist eine „syndromale“ Erkrankung, was bedeutet, dass die Krankheitszeichen unterschiedliche Organe/ Körperfunktionen betreffen können und die bei diesem Krankheitsbild meistens gemeinsam auftreten.
Auch wenn bei der AT noch weitere Organe/Systeme im Körper betroffen sind, ist sie maßgeblich gekennzeichnet durch eine zunehmende Gleichgewichtsstörung (Ataxie) aufgrund einer Degeneration des Kleinhirns, abnormale Blutgefäßbildungen (Teleangiektasie), Störung des Abwehrsystems (Immunsystems) mit erhöhter Infektneigung, Strahlungsempfindlichkeit (Radiosensitivität) und ein erhöhtes Krebsrisiko.
Da die betroffenen Kinder/Patienten durch die AT verschiedene Problemen haben können, ist eine Betreuung durch Ärzte aus mehreren Fachbereichen von Beginn an wünschenswert und erforderlich. In der Regel stehen zunächst die Auffälligkeiten in der motorischen Entwicklung im Vordergrund. Da aber auch das Abwehrsystem mehr oder weniger stark beeinträchtigt sein kann, sollte auch früh eine richtungweisende immunologische Diagnostik durchgeführt werden, um bei vorliegender Abwehrschwäche entsprechende Vorsichtsmaßnahmen treffen zu können.
In dieser Patienteninformation möchten wir neben einer kurzen Zusammenfassung der Erkrankung vor allem einen Einblick vermitteln, wie sich die AT auf das Abwehrsystem auswirken kann und welche Diagnostik- und Therapiemöglichkeiten für diesen Aspekt der Erkrankung zur Verfügung stehen.
Die AT ist eine angeborene (genetische) neurodegenerative Erkrankung, die sich meist in der frühen Kindheit/Kleinkindalter manifestiert und zu Beginn vor allem durch eine fortschreitende Beeinträchtigung der motorischen Koordination gekennzeichnet ist. In den meisten Fällen kommen die Kinder „gesund“ auf die Welt, entwickeln sich in den ersten Lebensmonaten normal und fallen erst auf, wenn sie das selbstständige Laufen lernen. Die Kinder zeigen einen unsicheren, wackligen Gang, häufigeres Fallen und willkürliche, unkoordinierte Bewegungen. Diese zunächst leichte Gangunsicherheit ist im Alter zunehmend und verschlechtert sich im Laufe der Erkrankung. Auch Muskelzuckungen können beobachtet werden. Neben den Gangunsicherheiten kann es auch zu anderen Einschränkungen kommen wie z.B. zu Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme durch Beeinträchtigung beim Schlucken. In manchen Fällen kann die Schluckstörung sehr ausgeprägt sein und im Verlauf auch zu einer mangelnden Gewichtszunahme führen. Bei einigen Patienten kommt es zu einem vermehrten Speichelfluss, Auffälligkeiten in der Sprachentwicklung/ Sprache und zu einer Störung der Augenbewegung und späteren Einschränkung des Sehvermögens (durch die gestörte Augenbewegung).
Durch die Fehlbildung von Blutgefäßen (Teleangiektasien= Erweiterung der Blutgefäße) kommt es bei den meisten Betroffenen im Verlauf zur Entwicklung von rötlichen Veränderungen an der Haut und Schleimhäuten insbesondere an Stellen, die vermehrt dem Sonnenlicht ausgesetzt sind, aber auch in der Bindehaut (dem weißen Anteil des Auges) sind die erweiterten Blutgefäße sichtbar. Andere Veränderungen an der Haut können trockene Haut und Haare sein und auch Café-au-lait Flecken (Milchkaffe-artige Hautveränderungen) oder Vitiligo (weiße Flecken der Haut) können auftreten. Bei einigen Patienten zeigt sich auch eine Anfälligkeit gegenüber Infektionen mit Warzen. Im Krankheitsverlauf kann es auch zur Ausbildung von Hormonstörungen wie z.B. Verzögerung der Pubertät, Wachstumsstörung, zur Entwicklung eines insulinrestistenten Diabetes und zur Störung des Leberstoffwechsels (Lebersteatose) kommen.
Ungefähr die Hälfte der Patienten mit AT präsentieren sich auch mit einer Störung im Abwehrsystem (Immunsystem) mit dem Bild eines kombinierten Immundefektes (CID). Der Begriff „kombiniert“ wird verwendet, da sowohl die Abwehrzellen als auch die Bildung von Antikörpern (mit der Folge eines Antikörpermangels) gegen Erreger betroffen sein können. Da bei den kombinierten Immundefekten (CID) beide Anteile des Immunsystems unterschiedlich stark beeinträchtigt sind, ist das klinische Bild variabel und von Fall zu Fall unterschiedlich. „Normale“ Keime, die Menschen mit gesundem Abwehrsystem nicht gefährden, können bei Kindern mit CID zu schweren Infektionen führen.
Im Vergleich zu anderen Kindern werden Kinder mit kombiniertem Immundefekt häufiger krank, Infekte verlaufen schwerwiegender und die betroffenen Kinder brauchen länger, um sich zu erholen. Beim CID sind Restfunktionen der Abwehr erhalten, die dem Patienten einen gewissen Schutz vermitteln können. Im Vordergrund stehen meist vor allem bakterielle Infektionen der Atemwege (Mittelohrentzündungen, Nebenhöhlenentzündungen, Entzündungen der Bronchien und der Lunge). Oft sind wiederholte und längere Behandlungen mit Antibiotika nötig.
Auch besteht ein erhöhtes Risiko für Autoimmunerkrankungen oder chronisch entzündliche Erkrankungen. Dieses Risiko ist wahrscheinlich eine sekundäre Auswirkung der Immunschwäche. Zu den häufigsten autoimmunen Erkrankungen bei AT gehören Immunthrombozytopenie (ITP), verschiedene Formen von Arthritis und Vitiligo (Weißflecken-Krankheit).
Bei der Mehrzahl der Patienten bleibt die Abwehrschwäche im Laufe der Erkrankung konstant und verschlechtert sich nicht, aber bei ca. 10 % wird eine Verschlechterung mit dem Voranschreiten der Erkrankung beobachtet.
Einige Patienten entwickeln im Laufe der Erkrankung auch kognitive Defizite.
Bedingt durch die genetische Veränderung der AT kommt es aufgrund eines DNA-Reparaturdefekts zu einer erhöhten Empfindlichkeit gegenüber ionisierender Strahlung (Röntgen- und Gammastrahlen), die für die Betroffenen gefährlich sein kann.
Darüber hinaus besteht ein erhöhtes Risiko, an bestimmten Krebsarten zu erkranken (Lymphome und Leukämie im späteren Alter Karzinome).
Die AT ist eine seltene angeborene syndromale Erkrankung mit Beteiligung des Immunsystems. Sie tritt bei ungefähr zwischen 1 von 40.000 bis 1 von 100.000 Lebendgeburten auf.
Die AT ist eine autosomal-rezessive vererbte Störung. Die Grundlage der AT-Erkrankung liegt in Mutationen des ATM-Gens, das für die DNA-Reparatur und die Zellzyklusregulation verantwortlich ist. Die genetischen Veränderungen im AT-Gen führen zu einem Defekt in der DNA-Reparatur, was wiederum zu einer erhöhten Häufigkeit von Chromosomenveränderungen und einer Überempfindlichkeit gegenüber ionisierender Strahlung führt.
Es sind verschiedene Mutationen beschrieben im Wesentlichen lassen sich aber zwei Formen unterscheiden, Mutationen mit vollständigen Funktionsverlust und Mutationen mit Restfunktionen, die dann zu milderen Verlaufsformen mit späterem Symptombeginn führen können.
Die autosomal-rezessive Vererbung der AT-Erkrankung bedeutet, dass bei diesen Formen sowohl Mädchen als auch Jungen betroffen sein können. Typischerweise sind dann beide Elternteile klinisch gesunde Träger des defekten Gens, d.h. beide haben neben dem krankmachenden auch ein gesundes Gen, das ausreicht, um sie vor der Erkrankung zu schützen. Für die Nachkommen entsteht dadurch eine Erkrankungswahrscheinlichkeit von 25 %. Die Hälfte der Kinder werden wie ihre Eltern klinisch gesunde Genträger, können aber das Gen an ihre Kinder weitervererben und 25 % sind ganz gesund. Die Vererbung ist hier geschlechtsunabhängig.
Ja. In den Fällen einer AT-Erkrankung, bei denen der genetische Defekt identifiziert wird, kann untersucht werden, ob die Eltern Träger der gleichen Mutationen sind (d.h. Mutter und Vater jeweils eine mutierte und eine gesunde Kopie des Gens haben) und ob die Gefahr besteht, die Krankheit auf weitere Kinder zu übertragen. Allen Familien sollte eine solche Analyse und genetische Beratung angeboten werden. Vorgeburtliche genetische Untersuchungen bei weiteren Schwangerschaften sind in Deutschland grundsätzlich erlaubt, um gesundheitliche Risiken wie die AT für das ungeborene Kind zu erkennen oder auszuschließen. Sie werden nur im Zusammenhang mit einer genetischen Beratung durchgeführt. Auf jeden Fall aber sollte jedes weitere Neugeborene unmittelbar nach Geburt auf das Vorliegen der Erkrankung untersucht werden.
Um die Erkrankung festzustellen, sind eine sorgfältige körperliche Untersuchung des Patienten sowie eine genaue Erhebung der Anamnese (Krankheitsgeschichte) erforderlich. Hier ist auch eine genaue Mitbeurteilung der Familiengeschichte von großer Bedeutung. Die körperliche Untersuchung und die Krankengeschichte, führen in ihrer spezifischen Ausprägung zunächst zu der Verdachtsdiagnose AT.
In den Bluttests können dann erhöhte Serum-Alpha-Fetoprotein-Werte nachgewiesen werden, die in etwa 85 % der Fälle nach dem Alter von 18 bis 24 Monaten auftreten. Manchmal zeigen sich in den Bluttests auch erhöhte Leberenzyme. Die Karyotypisierung ist ein spezieller Test, der Chromosomenanomalien erkennt. Betroffene Personen weisen eine erhöhte Häufigkeit dieser Chromosomenanomalien auf (Translokation zwischen den Chromosomen 7 und 14 ist der häufigste Befund).
Bei Familien, in denen das mutierte ATM-Gen bekannt ist, kann die Diagnose pränatal (vor der Geburt) in verschiedenen Stadien der Schwangerschaft durch eine genetische Analyse und nach Durchführung einer genetischen Beratung erfolgen.
Beweisend für das Vorliegen der Erkrankung ist eine molekulargenetische Untersuchung. Bei dieser Untersuchung wird ein genetischer Test durchgeführt, bei dem eine DNA-Probe (Blutprobe) auf einen Defekt in der Erbinformation untersucht wird. Es wird dabei gezielt nach Veränderungen gesucht, die für die AT verantwortlich sind.
Sobald die Diagnose einer AT gestellt worden ist, erfolgen weitere Untersuchungen. Eine Bildgebung des Gehirns durch die Durchführung eines MRTs kann eine fortschreitende Schwächung (Atrophie) des Kleinhirns zeigen. In diesem Zusammenhang sollte auch eine immunologische Laboruntersuchung (Bluttests)erfolgen, um Auskunft über die verbleibende Funktion des Abwehrsystems zu bekommen und entsprechende Maßnahmen ergreifen und Komplikationen vermeiden zu können.
Bis heute gibt es keine ursächliche Behandlungsmöglichkeit die die mit der AT verbundene neurologische Degeneration verlangsamen, stoppen oder umkehren kann. Da es eine Multisystemerkrankung ist, ist es sinnvoll von Beginn an verschiedene Behandlungsansätze durch ein multidisziplinäres Team zu ergreifen. Ärzte (Neurologen, Immunologen, Lungenfachärzten, Onkologen, Endokrinologen und Therapeuten Ernährungsberatern, Logopäden und Physiotherapeuten) sind in der Betreuung im Laufe der Erkrankung involviert.
Schluckstörungen, Dysphagie und Tremor können dazu führen, dass Mahlzeiten lange dauern und sehr ermüdend sind, die Nahrungsaufnahme beeinträchtigen und zu Aspiration führen. Ernährungsumstellungen können hier dazu beitragen, dass eine richtige Ernährung durch kalorienreiche Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel erreicht und ein häufiges Verschlucken vermieden wird. Manchmal ist auch eine Magensonde hilfreich, um eine ausreichende Versorgung mit Nahrung sicherzustellen.
Patienten mit AT haben oft Probleme, tief einzuatmen und effektiv zu husten, um den Schleim aus den Atemwegen zu entfernen. Diese Patienten profitieren von einer Atemphysiotherapie. Mehr als 25 % der Menschen mit AT entwickeln eine chronische Lungenerkrankung. Eine frühzeitige Erkennung und Behandlung der Symptome, einschließlich einer antibakteriellen Therapie, ist unerlässlich, um fortschreitende Lungenschäden zu verhindern. Wenn sich eine chronische Lungenerkrankung entwickelt, können Patienten auch von inhalierten Kortikosteroiden zur Verringerung der Entzündung der Atemwege und/oder einer zusätzlichen Sauerstofftherapie profitieren. Eine restriktive Lungenerkrankung aufgrund einer Skoliose und schwacher Atemmuskulatur kann ebenfalls auftreten.
Die Behandlung des Immundefektes bei AT besteht in erster Linie aus dem Ersatz fehlender Antikörper (Immunglobuline) durch Infusionen. Da die Antikörper nach einer gewissen Zeit im Körper abgebaut werden, müssen die Infusionen regelmäßig wiederholt werden. Die Infusionen können entweder über die Vene erfolgen (alle vier Wochen) oder mit einer Pumpe unter die Haut verabreicht werden (in unterschiedlichen Intervallen von täglich bis monatlich). Die Handhabung der Pumpe kann für den Heimgebrauch erlernt werden. Die verschiedenen verfügbaren Präparate erlauben eine sehr individuelle Anpassung des Therapiekonzepts. Mehr Informationen zur Antikörperersatztherapie gibt es in einer separaten Patienteninformation. Bei vielen Patienten genügen die Antikörper-Infusionen, um die Infektneigung zu kontrollieren. Manchmal ist jedoch auch eine Dauerbehandlung (Prophylaxe) mit Antibiotika notwendig. Bei Infekten der oberen Atemwege einschließlich Nasennebenhöhlenerkrankungen können Spülungen mit Kochsalzlösung Beschwerden lindern. Bei chronischem Husten oder Lungenentzündungen können Inhalationen mit Sekret-lösenden Medikamenten helfen, vor allem in Verbindung mit krankengymnastischen Übungen. Einige Patienten mit AT entwickeln auch Autoimmunerkrankungen oder chronisch entzündliche Erkrankungen. Dieses Risiko ist wahrscheinlich eine sekundäre Auswirkung ihrer Immunschwäche und keine direkte Auswirkung des Mangels an ATM-Protein. Zu den häufigsten Autoimmunerkrankungen bei AT gehören die Immunthrombozytopenie (ITP), verschiedene Formen von Arthritis und Vitiligo (Weißflecken-Krankheit).
Für die Behandlung der AT verbundenen Autoimmunerkrankungen ist oft eine Therapie mit Kortison notwendig. Um nicht zu lange Kortison verwenden zu müssen, kommen auch andere Medikamente zum Einsatz, die das fehlgesteuerte Immunsystem beeinflussen. Sie werden je nach betroffenem Organ, je nach der individuellen Konstitution des Immunsystems ausgewählt. Manchmal sind mehrere Medikamente notwendig, um die fehlgesteuerte Immunität zur Ruhe zu bringen.
Granulome der Haut sind eine eher seltene Komplikation (<10%), kommt es jedoch zur Bildung von Granulomen erfordern diese jedoch die Aufmerksamkeit da sie schwerwiegend sein können. Hier können je nach Einschätzung spezifische Therapien (wie Kortikosteroide und/oder Anti-Tumornekrosefaktor-Mittel) hilfreich sein. Inzwischen wurde ein häufiger Zusammenhang zwischen Granulomen bei AT und der Rötelnimpfung festgestellt. Diese Reaktionen sind auf die eingeschränkte Fähigkeit des Immunsystems zurückzuführen, den Lebendimpfstoff effektiv zu kontrollieren, was zu chronischen Infektionen und granulomatösen Entzündungen führen kann. Die Entscheidung zur Lebendimpfung sollte individuell getroffen werden und erfordert eine enge Zusammenarbeit mit einem spezialisierten Immunologen oder einem Arzt, der Erfahrung mit AT hat. In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, alternative Schutzmaßnahmen in Erwägung zu ziehen, wie z.B. die Vermeidung von Exposition gegenüber Röteln oder die Impfung von Kontaktpersonen, um das Risiko einer Übertragung zu minimieren. Bedingt durch die genetische Veränderung der AT kommt es auch zu einer erhöhten Empfindlichkeit gegenüber ionisierender Strahlung (Röntgen- und Gammastrahlen), die für die Betroffenen schadhaft sein kann. Die Diagnostik mittels Röntgenstrahlen sollte daher immer mit Bedacht und nur, wenn zwingend erforderlich eingesetzt werden. Ist ein Patient mit AT an Krebs erkrankt muss dies im Falle einer angedachten Strahlentherapie mit in die Planung der Therapie einfließen. Patienten mit AT haben trotz dieser Strahlensensitivität aber keine erhöhte Inzidenz von Hautkrebs und kommen mit einem normalen Maß an Sonneneinstrahlung zurecht. Es sind keine zusätzlichen Vorsichtsmaßnahmen bei Sonneneinstrahlung erforderlich.
Patienten mit AT haben ein erhöhtes Risiko (25 %) an Krebs zu erkranken. Bei Menschen unter 20 Jahren handelt es sich dabei am häufigsten um Lymphome oder Leukämie.
Daher ist es auch wichtig wachsam zu sein, wenn Symptome wie unerklärliches Fieber oder anhaltend geschwollene Lymphknoten auftreten. Krebserkrankungen bei Patienten über 25 Jahren sind in der Regel Karzinome.
Die Wirkung von Impfungen besteht darin, die Bildung von Antikörpern anzuregen. Wenn die Antikörperbildung gestört ist, sind Impfungen nur von begrenztem Nutzen. Bei Patienten mit AT können alle nach STIKO (Ständige Impfkommission) empfohlenen Impfungen mit Todimpfstoffen gefahrlos durchgeführt werden. Die Wirksamkeit ist allerding begrenzt. Sind die Patienten mit Antikörperinfusionen (Immunglobulinen) behandelt, erhalten sie sozusagen einen passiven Schutz durch die Antikörper und weitere Standard-Impfungen müssen nicht durchgeführt werden. Dennoch macht es Sinn, die Patienten gegen Influenza (Grippe), FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis, je nach Wohnort) und gegen HPV (Humanes Papillom Virus) zu impfen, da diese Antikörper in der Regel nicht in den Präparaten enthalten sind. Die Anwendung von Lebendimpfstoffen (MMR, Rotavirus, nasale Grippeimpfstoffe, Gelbfieber) sollte nur nach Rücksprache mit einem erfahrenen Arzt erfolgen.
Eine jährliche Impfung der engen Kontaktpersonen mit dem Influenza-Impfstoff ist zum Schutz des Patienten sinnvoll.
Kinder mit AT können in der Regel den Kindergarten und die Schule besuchen. Spezielle Isolations- oder Hygienemaßnahmen bringen keinen Vorteil.
Die AT ist eine Erkrankung mit fortschreitenden Krankheitsverlauf. Der Verlauf ist aber nicht genau vorhersehbar und variiert erheblich von Patient zu Patient, ebenso wie die Schwere und die Art der auftretenden Probleme. Das Bewusstsein für mögliche Probleme kann den Verlauf positiv beeinflussen und je früher ein Problem erkannt und angegangen wird, desto größer sind die Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung dieses Problems. Kinder mit AT sind in der Lage in den Kindergarten zu gehen und dann die Schule zu besuchen aber die meisten benötigen im Verlauf eine begleitende Schulassistenz, die ihnen während des Schulbesuchs bei Aktivitäten des täglichen Lebens hilft.
Durch die fortschreitende beeinträchtigte Augenbewegungen kann es zu Einschränkungen beim Lesen kommen und das Lesen erschweren. Auch der häufig verzögerte Sprachbeginn im Kleinkindalter kann zu eingeschränkten Fähigkeiten im Schulalter führen und beim Schreiben Schwierigkeiten bereiten. Kognitive Funktionen und das Gehör sind nicht beeinträchtigt. Hörbücher können helfen, Hörfähigkeiten zu entwickeln, die mit fortschreitenden Sehproblemen immer wichtiger werden. Computer können hilfreich und unterstützend sein, da sie an die Bedürfnisse der Betroffenen angepasst werden können, insbesondere der Patienten die Probleme mit der Hand-Augen-Koordination haben. Durch das Fortschreiten der Erkrankung mit zunehmenden Alter (ca. Teenageralter) verschlechtert sich das sichere Gehen und die Betroffenen benötigen einen Rollstuhl und andere Hilfsmittel die Ihnen das alltägliche Leben möglich machen. Viele der Betroffenen entwickeln auch trotz früher und intensiver Behandlung bei Infektionen der Lunge auf Dauer eine chronische Lungenerkrankung.
Die Lebenserwartung von Menschen mit AT ist in den vergangenen Jahren gestiegen, da die Erkrankung mit ihren einhergehenden Komplikationen und die daraus resultierende notwendige Behandlung besser erforscht und verstanden wurde. In den letzten 20 Jahren hat sich die Lebenserwartung von Menschen mit AT erheblich verbessert, wobei die meisten Menschen heute über 40 oder 50 Jahre alt werden.
Die Arbeitsgruppe des Universitätsklinikums Frankfurt beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der seltenen Erkrankung Ataxia-Teleangiectasia. In Frankfurt am Zentrum der Kinder- und Jugendmedizin steht ein Team von pädiatrischen Pneumologen, Immunologen, Neurologen, Endokrinologen und Biologen zur Verfügung, die AT Betroffene betreuen.
Stand
August 2024
Hinweis
Wir möchten mit unseren Broschüren gerne dazu beitragen, dass betroffene Patienten, Eltern und ihr Umfeld die Erkrankung und ihre Behandlung besser verstehen. Die Broschüren sind sorgfältig erstellt und beschreiben die Erkrankung und deren Behandlung. Auch wenn Sie viele Informationen in den Broschüren finden, können diese vorliegenden Informationen keinen Arztbesuch ersetzen.
Autor
Henrike Ritterbusch
+49 (0)761 270-45240
henrike.ritterbusch@uniklinik-freiburg.de
Wissenschaftliche Begleitung
Prof. Dr. Stephan Ehl
+49 (0)761 270-77300
stephan.ehl@uniklinik-freiburg.de
UNIVERSITÄTSKLINIKUM FREIBURG
Centrum für Chronische Immundefizienz
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