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Knochenmark durch Stress vermeh-

ren. Das heißt, dass die Aktivierung

des sympathischen Nervensystems,

das ist der bei Stress aktive Teil des

vegetativen Nervensystems, über

die Regulation eines körpereigenen

Botenstoffes – dem Faktor CXCL12

– die blutbildenden Stammzellen im

Knochenmark anregt. Diese bilden

dann die bereits erwähnten neutro-

philen Granulozyten und Monozy-

ten. Diese wiederum lagern sich in

den Gefäßwänden ab und können

durch ihren Entzündungsreiz dazu

beitragen, dass Arterien schneller

verstopfen und das Blut nicht mehr

richtig zirkuliert. Ein Herzinfarkt

oder Schlaganfall kann die Folge

sein.

Können Sie daraus einen therapeuti-

schen Ansatz ableiten?

Im Modell konnten wir durch

die experimentelle Gabe eines ß3-

Rezeptorblockers, der den für die

Bildung dieser Entzündungszel-

len

verantwortlichen

Rezeptor

hemmt, gezielt die Vermehrung

der Entzündungszellen begrenzen.

Diese Hemmung durch Gabe eines

ß3-Blockers reduzierte zu-

dem das Fortschreiten einer

entzündlichen Gefäßverkal-

kung, der Atherosklerose. Die

Blockade dieses ß3-Rezeptors

könnte somit ein wichtiger

therapeutischer Ansatzpunkt

werden.

Was kann man tun, um sich vor

Stress zu schützen?

Eine Tablette gegen Stress

gibt es nicht, vielmehr sind

Ve r h a l t e n s ma ß n a h me n

wichtig. Stress tritt dann auf,

wenn das Maß der Gewöhnung

überschritten ist. Wichtig zur Vor-

beugung ist es, einen Ausgleich zu

schaffen, sozusagen ein Ventil. Auch

ausreichend Schlaf ist wichtig. Wer

es schafft, Übergewicht abzubauen

und nicht zu rauchen, tut zudem et-

was Gutes für seine Gesundheit.

Welche Erkenntnis ziehen Sie als Arzt

aus diesem Forschungsergebnis?

Es zeigt sich, dass Stress viel tief-

greifendere Auswirkungen hat, als

bisher bekannt war. Er wirkt sich bis

auf die Stammzellebene aus.

Originaltitel der Arbeit: Chronic vari-

able stress activates hematopoietic

stem cells. Nature Medicine (2014)

doi:10.1038/nm.3589

Chronischer Stress schadet dem Her-

zen, er kann zu einem Herzinfarkt

oder Schlaganfall führen. Die Tatsa-

che ist bekannt, doch erst jetzt gibt

es eine wissenschaftliche Erklärung

dafür, warum andauernder Stress das

Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko er-

höht. Dr. Timo Heidt, Arzt an der Klinik

für Kardiologie und Angiologie I des

Universitäts-Herzzentrums

Freiburg

• Bad Krozingen (Ärztlicher Direktor:

Univ.-Professor Dr. Christoph Bode),

hat gemeinsam mit einem Forscher-

team aus Boston (USA) einen Mecha-

nismus entschlüsselt, wie sich Stress

auf das Immunsystem auswirken, un-

erwünschte Gefäßentzündungen und

als Folge kardio-vaskuläre Krankhei-

ten hervorrufen kann. Die Ergebnisse

wurden in der renommierten Fachzeit-

schrift Nature Medicine publiziert.

Herr Heidt, Sie waren zweieinhalb

Jahre als Post-Doc am Massachusetts

General Hospital and Harvard Medi-

cal School, Boston und haben sich dort

ausschließlich mit dem Zusammen-

hang von hoher Stressbelastung und

deren Auswirkung auf das Herz und

die Gefäße beschäftigt. Warum?

Bislang wussten wir, dass sich

Stress auf das Immunsystem aus-

wirken und Erkrankungen auslösen

kann. Dazu gibt es gesicherte Stu-

dien. Und jeder kennt das: Lässt der

Stress nach, wird man krank. Außer-

demkennenwir viele Risikofaktoren

für einen Herzinfarkt oder Schlag-

anfall wie Rauchen, Übergewicht,

erhöhte Blutfettwerte, männli-

chen Geschlechts zu sein oder Blut-

hochdruck. Aber bislang fehlte die

wissenschaftliche Grundlage, wie

chronischer Stress und Herzschä-

digungen zusammenhängen. Das

wollten wir genauer untersuchen.

Wie sind Sie bei Ihrer Forschung vorge-

gangen?

In zwei Schritten: Wir hatten ei-

nen klinischen Teil mit 29 ärztlichen

Mitarbeitern der internistischen

Intensivstation des Universitätskli-

nikums Freiburg, die wir während

ihres Arbeitsalltags beobachtet ha-

ben. Bei ihnen sind wir von einer

hohen Arbeitsbelastung unter ande-

rem durch Schichtdienste und Ent-

scheidungszwang innerhalb kurzer

Zeit ausgegangen. Die Kolleginnen

und Kollegen wurden jeweils vor

und nach einer Dienstwoche auf der

Station mit standardisierten Frage-

bögen befragt sowie über Blutproben

untersucht.

Mit welchem Ergebnis?

Alle Probanden hatten nach der

Dienstwoche ein deutlich erhöhtes

subjektives Stressbefinden. Parallel

dazu konnten wir nachweisen, dass

sich eine höhere Anzahl von Ent-

zündungszellen im Blut gebildet

hatte. Diese Zellen – also neutrophi-

le Granulozyten und Monozyten –

sind Untergruppen von weißen Blut-

körperchen.

Was konnten Sie im zweiten Teil Ihrer

Untersuchungen nachweisen?

Wir konnten im Tiermodell am

Institut in Boston zeigen, dass sich

die blutbildenden Stammzellen im

WI E STRESS

DAS HERZ SCHÄDIGT

„Bislang fehlte die wissenschaftliche

Grundlage, wie chronischer Stress

und Herzschädigungen zusammen-

hängen. Das wollten wir genauer

untersuchen“

Es zeigt sich, dass Stress viel tiefgreifendere

Auswirkungen hat, als bisher bekannt war.

Er wirkt sich bis auf die Stammzellebene aus

Informationen

Der Artikel auf

www.nature.com

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