

Moderne Anästhesie für Herzopera-
tionen bedeutet viel mehr als bloßes
„Narkosemachen“. Professor Dr. Hart-
mut Bürkle, Ärztlicher Direktor der
Klinik für Anästhesiologie und Inten-
sivmedizin des Universitätsklinikums
Freiburg, und Professor Dr. Cornelius
Keyl, Chefarzt der Abteilung für An-
ästhesie und Intensivmedizin am Uni-
versitäts-Herzzentrum Freiburg ∙ Bad
Krozingen, erklären, warum ihr Arbeits-
bereich mit dem Steuern von Groß-
raumflugzeugen vergleichbar ist – und
weit mehr umfasst, als viele glauben.
Moderne Anästhesie wird häufig
mit der hochkomplexen Luftfahrt
verglichen. Ein sehr gut geschul-
tes Team von hochspezialisierten
Expertinnen und Experten (An-
ästhesie-Fachärzte und Anästhe-
sie-Fachpflegekräfte) begleitet einen
Patienten während einer Flugreise,
der Operation, vom sicheren Abflug
(dem Beginn der Anästhesie) bis
zur erfolgreichen Landung (der Ver-
legung des Patienten auf die Inten-
sivstation nach der Operation).
Der Vergleich ist in vielen Ge-
sichtspunkten zutreffend, dennoch
greift er zu
kurz:
Die
A n ä s t h e -
s i e - T e a m s
betreuen Patienten im gesamten
Umfeld einer Operation, angefan-
gen bei der Operationsvorbereitung
bis hin zur Intensivtherapie und
Schmerztherapie nach der Opera-
tion. Da die Durchführung der An-
ästhesie bei herzkranken Patienten
besondere Anforderungen stellt,
sind alle Anästhesisten – nach ei-
ner gründlichen Ausbildung in der
Allgemeinanästhesie – für Kardio-
anästhesie spezialisiert. Während
des chirurgischen Eingriffs arbei-
ten Operateur, Anästhesie-Team
und Kardiotechniker für eine op-
timale Patientenversorgung eng
zusammen. Die Aufrechterhaltung
höchster Sicherheitsstandards wird
an beiden Standorten des Universi-
täts-Herzzentrums, der Abteilung
für Anästhesie und Intensivmedi-
zin in Bad Krozingen und der Klinik
für Anästhesiologie und Intensiv-
medizin des Universitätsklinikums
Freiburg, gewährleistet. Zusätzlich
werden am Standort Freiburg die
Herztransplantation sowie sämtli-
che herzchirurgischen und kardio-
logischen operativen Interventio-
nen bei Kindern anästhesiologisch
versorgt. Auch außerhalb des Ope-
rationsbereichs werden zunehmend
Narkoseleistungen erbracht, so im
Herzkatheterlabor für Erwachsene
und Kinder zur interventionellen
Kardiologie und in der Magnetreso-
nanztomographie zur Diagnostik.
Dies findet seinen Ausdruck in einer
engen Kooperation mit Kardiologen,
Nuklearmedizinern und Kinderkar-
diologen.
Der
herkömmliche
Begriff
von Narkose (Ausschaltung von
Schmerzempfinden und Bewusst-
sein) bildet heutzutage nur einen
kleinen Aspekt der Tätigkeiten des
Kardioanästhesisten ab. Zu seiner
Aufgabe gehört ebenso die Überwa-
chung und Steuerung der wichtigs-
ten Organfunktionen des Patienten.
Die Flugreise (Anästhesie) beginnt
an beiden Standorten des Universi-
täts-Herzzentrums in den technisch
voll ausgestatteten Einleitungsräu-
men der Anästhesie und wird im
Operationssaal weitergeführt. Zur
Überwachung der lebenswichtigen
Funktionen von Herz, Kreislauf,
Lunge und Gehirn sind alle Operati-
onssäle mit modernstem Monitoring
eingerichtet. Diese Arbeitsplätze
gleichen sehr dem Cockpit eines gro-
ßen Airbus-Flugzeugs.
Die Funktion von Herz und Kreis-
lauf wird sowohl mittels Messungen
über eingeführte Katheter als auch
mit Ultraschall (Echokardiographie)
überwacht. Mit der Echokardiogra-
phie lassen sich alle Strukturen des
Herzens und seiner Umgebung in
Echtzeit darstellen. So können die
Pumpleistung des Herzens und das
Ergebnis von Klappenoperationen
direkt beurteilt werden
und damit dem Operateur
wichtige Hinweise wäh-
rend der Operation geben. Sämtliche
Herzanästhesisten am Universi-
täts-Herzzentrumverfügen über die-
se zusätzlichen Spezialkenntnisse.
Beide Anästhesiekliniken bilden ein
gemeinsames, zertifiziertes Weiter-
bildungszentrum, in dem diese Ul-
traschalluntersuchungen in der Kar-
dioanästhesie gelehrt werden.
Ein weiteres Organsystem, das
besonders überwacht wird, ist das
Zentralnervensystem, also Gehirn
und Rückenmark. Dies geschieht
beispielsweise durch nichtinvasive
Messungen der Sauerstoffsättigung
im Gehirn und durch EEG-Ablei-
tungen, mit denen die Narkosetiefe
abgeschätzt werden kann. Spezielle
EEG-Messungen, die bei Operatio-
nen an der Hauptschlagader abgelei-
tet werden, lassen Minderdurchblu-
tungen des Rückenmarks frühzeitig
erkennen und geben so dem Operati-
onsteamwichtige Hinweise.
Diese Beispiele verdeutlichen,
dass die Aufgabe des Kardioanäs-
thesisten weit über das „Narkosema-
chen“ hinausgeht und angewandte
Intensivmedizin im Operationssaal
darstellt, die nach der Operation auf
der Intensivstation weitergeführt
wird. Dies und die enge Zusammen-
arbeit aller Berufsgruppen führt
dazu, dass wir sagen können: „Siche-
res Abheben, guter Flug und perfek-
te Landung – moderne Anästhesie
für Herzoperationen – mehr als eine
Flugreise im Schlaf am Universi-
täts-Herzzentrum Freiburg ∙ Bad
Krozingen!“
SICHERES ABHEBEN
UND PERFEKTE
LANDUNG
KARDIOANÄSTHESIE
Der Arbeitsplatz eines Kardioanästhesisten gleicht dem Cockpit eines Großraumflugzeugs
„Sicheres Abheben, guter Flug und perfekte
Landung – moderne Anästhesie für
Herzoperationen – mehr als eine Flugreise
im Schlaf“
„Der herkömmliche Begriff von
Narkose bildet heutzutage nur
einen kleinen Aspekt der Tätigkei-
ten des Kardioanästhesisten ab“
29
2 | 2015
2 | 2015
28