Das Therapiekonzept der HypoFocal-SBRT Studie
Klassischerweise erfolgt die perkutane (von außen) Strahlentherapie über eine Dauer von 7-8 Wochen. Hierbei erfolgt an jedem Werktag eine Bestrahlung mit einer Einzeldosis von 1.8 - 2,0 Gy bis zu einer Gesamtdosis von 74 - 80 Gy (Die Aufteilung der Gesamtdosis auf verschiedene Sitzungen bezeichnet man als Fraktionierung). Dieses Therapiekonzept nennt man "normofraktionierte" Strahlentherapie oder "konventionelle" Strahlentherapie. Durch diese sog. Fraktionierung wird das gesunde Gewebe, welches die Prostata umgibt, nur minimal geschädigt. Zwischen den einzelnen Sitzungen kann sich das gesunde Gewebe zudem aufgrund intakter Zell-Reparaturmechanismen gut erholen. Die Prostatakarzinom-Zellen sind jedoch nicht in der Lage, den ausgelösten Zellschaden zu reparieren.
Modernste Techniken und Verfahren ermöglichen heutzutage eine Reduktion der Behandlungszeit und die Berücksichtigung der Tumorlokalisation bei der Bestrahlung.
- Eine Erhöhung der Bestrahlungsdosis pro Sitzung und dadurch eine Reduktion der Gesamtbehandlungsdauer bezeichnet man als Hypofraktionierung.
- Eine Erhöhung der Bestrahlungsdosis ausschließlich im Bereich der Tumorläsion bezeichnet man als fokale Dosiseskalation.
Diese zwei Therapieverfahren werden in der HypoFocal-SBRT Studie kombiniert.
Schema der Behandlungsarme in der HypoFocal-SBRT Studie. Auf der linken Seite ist das Dosiskonzept im experimentellen Arm und auf der rechten Seite das Dosiskonzept im Kontrollarm dargestellt. In Lila sind die Bestrahlungsvolumina (PTV=planning-target volume) dargestellt. In Gelb ist die das Planungsvolumen zur Schonung der Harnröhre (Urethra) und in Braun der Enddarm (Rektum) dargestellt. Hohe Bestrahlungsdosen sind rot und niedrige Dosen blau visualisiert. Modifiziert nach (1).
In die HypoFocal-SBRT Studie können Patienten mit ungünstigem intermediärem- und Hoch-Risiko Prostatakarzinom eingeschlossen werden. Ziel ist es für diese Patienten eine bessere Therapie zu entwickeln; genauer wird das Rezidiv-freie Überleben nach 5 Jahren von 80% auf 90% angestrebt. Insgesamt sollen 374 Patienten aus Zentren in Deutschland, Schweiz, Österreich und Zypern randomisiert werden.
Im experimentellen Arm der Studie erhalten die Patienten eine SBRT in 5 Fraktionen. Die Behanlung erfolgt an zwei Tagen pro Woche (Behandlungszeit insgesamt 2.5 Wochen). Im Bereich der Prostata und Samenblasen erfolgt die Bestrahlung bis zu einer Gesamtdosis von 30 Gy. Im Bereich der gesamten Prostata erfolgt die Bestrahlung mit einer Gesamtdosis von 35 Gy. Im Bereich der intraprostatischen Tumorläsionen erfolgt eine Dosisaufsättigung von 40 bis 42 Gy. Diese Läsionen werden anhand der durchgeführten MRT und PSMA-PET definiert. Wir verwenden beide Bildgebungen um die Läsionen in der Prostata zu bestimmten, da hierdurch eine verbesserten Erkennungs-Rate der Tumorknoten erreicht wird.
Verglichen wird dieses neuartige Konzept mit dem modernen Therapiestandard der moderaten Hypofraktionierung. Im Kontrollarm der Studie erhalten Patienten eine Bestrahlung in 20 Fraktionen (Behandlungszeit insgesamt 4 Wochen). Im Bereich der Prostata und Samenblasen erfolgt die Bestrahlung bis zu einer Gesamtdosis von 46,4 Gy. Im Bereich der gesamten Prostata erfolgt die Bestrahlung mit einer Gesamtdosis von 60-62 Gy. Die Therapie ist nach 20 Sitzungen beendet.
Je nach Risikoklassifizierung erfolgt zudem eine Androgendeprvationstherapie (ADT) – eine medikamentöse antihormonelle Therapie – über eine Dauer von 4-18 Monaten.
Moderne Technik
In beiden Behandlungsarmen werden modernste Therapieverfahren verwendet. Neben der intensitätsmodulierten Strahlentherapie (IMRT) ist die bildgeführte Strahlentherapie (IGRT) ein wichtiger Bestandteil der Behandlung. Diese ermöglicht die Berücksichtigung der tagesaktuellen Anatomie des Patienten und eine exakte Positionierung der Prostata im Bestrahlungsfeld bei jeder Durchführung. Hierdurch kann die Belastung von Blase und Darm reduziert werden und gleichzeitig die gewünschte Dosis im Bereich der Prostata und des Tumors erreicht werden.
Ziel der Studie ist es, die personalisierte Strahlentherapie weiter zu verbessern und den Patienten eine effektivere und schonende Behandlung in reduzierter Therapiezeit zu ermöglichen

(1) Spohn SKB, Adebahr S, Huber M, Jenkner C, Wiehle R, Nagavci B, Schmucker C, Carl EG, Chen RC, Weber WA, Mix M, Rühle A, Sprave T, Nicolay NH, Gratzke C, Benndorf M, Wiegel T, Weis J, Baltas D, Grosu AL, Zamboglou C. Feasibility, pitfalls and results of a structured concept-development phase for a randomized controlled phase III trial on radiotherapy in primary prostate cancer patients. BMC Cancer. 2022 Mar 28;22(1):337. doi: 10.1186/s12885-022-09434-2.