Diagnostik und Klassifikation
Beim Prostatakarzinom handelt es sich um einen bösartigen Tumor der Vorsteherdrüse (Prostata). Die Prostata ist eine ca. walnussförmige Drüse, welche direkt unterhalb der Harnblase sitzt und die Harnröhre umschließt. An der Rückseite grenzt die Prostata an den Enddarm. Die Prostata produziert einen Teil der Samenflüssigkeit, die für den Transport der Spermien wichtig ist. Neben Samenflüssigkeit bildet die Prostata eine weitere Substanz: das Prostata-spezifische-Antigen (PSA). Erhöhte PSA-Werte spielen eine wichtige Rolle bei der Früherkennung von Prostatakrebs, da dieser bei Prostatakrebs erhöht sein kann.
Häufig erfolgen auf Basis eines erhöhten PSA-Wertes weitere diagnostische Maßnahmen, um das Vorhandensein eines Prostatakarzinoms nachzuweisen. Hierzu zählen die Magnetresonanztomographie (MRT), die Biopsie und in bestimmten Fällen die Positions-Emissions-Tomographie (PET).
MRT: Die multiparametrische MRT (mpMRT) ermöglicht durch die Verwendung unterschiedlicher Sequenzen eine detaillierte Analyse der Prostata und zeigt auffällige Läsionen an. Diese können anhand des Prostate Imaging Reporting and Data System (Pi-RADS) eingeteilt werden. Diese Klassifikation spiegelt die Wahrscheinlichkeit des Vorhandenseins von signifikantem Prostatakarzinom wider. Im Falle von auffälligen Läsionen kann zusätzlich die anatomische Lage beurteilt werden: z.B. liegt das Prostatakarzinom im Bereich der Basis oder der Spitze der Prostata oder liegt es in Nähe zur Harnröhre oder dem Enddarm. Besteht ein kapselüberschreitendes Wachstum oder eine Samenblaseninfiltration? (1). Die Tumorausbreitung innerhalb der Prostata wird durch die sog. T-Klassifizierung definiert (siehe unten).
Bei Verdacht auf ein Prostatakarzinom erfolgt die histologische Sicherung durch Ultraschall-gesteuerte Stanzbiopsien. Hierbei erfolgen ungezielte Biopsien im Bereich der gesamten Prostata, sowie teilweise gezielte Biopsien in den Arealen, in denen sich auffällige Läsionen befinden (MRT, Ultraschall). Die Stanzbiopsien werden pathologisch untersucht und der Grad der Entartung bzw. Aggressivität des Tumors bestimmt. Dies wird durch den sog. Gleason Score bzw. ISUP Score (International Society of Urological Pathology) wiedergespiegelt. Der Gleason Score errechnet sich aus der Addition des aggressivsten und des am häufigsten vorkommenden Gleason-Grads. Der ISUP Score entspricht verschiedenen Gleason Scores. (2)
ISUP Score | Gleason Score | Gleason-Grad |
1 | bis 6 | bis 3 + 3 |
2 | 7a | 3+4 |
3 | 7b | 4+3 |
4 | 8 | 4+4, 3+5, 5+3 |
5 | 9+10 | 4+5, 5+4, 5+5 |
Auf Basis des PSA-Werts, des ISUP/Gleason-Scores und der Tumorausbreitung innerhalb der Prostata erfolgt schließlich die Risikoklassifizierung.
Die US-amerikanischen Krebszentren (National Comprehensive Cancer Network, NCCN) definieren folgende Risikogruppen (3):
Risikogruppe | Klinische/Pathologische Merkmale |
Sehr niedrig | Alle folgende Merkmale sind erfüllt:
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Niedrig | Alle der folgenden Merkmale sind erfüllt, aber der Patient qualifiziert sich nicht für ein "sehr niedriges" Risiko:
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Günstig intermediär | 1) keine Hoch-Risiko-Merkmale 2) Alle folgende Merkmale sind erfüllt:
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Ungünstig intermediär | 1) keine Hoch-Risiko-Merkmale 2) Mindestens 1 der folgenden Merkmale sind erfüllt
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Hoch | Keine "Sehr-Hoch" Merkmale aber eines der folgenden "Hoch"-Risiko Merkmale ist erfüllt:
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Sehr Hoch | Mindestens 1 der folgenden Merkmale sind erfüllt
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Bei Patienten mit Hoch-Risiko Prostatakrebs hat sich in den vergangenen Jahren als zusätzliche Untersuchung die sog. PSMA-PET etabliert. Hierbei handelt es sich um ein nuklearmedizinisches Verfahren, bei dem eine radioaktiv markierte Substanz gegen das Protein Prostata-spezifisches Membran Antigen (PSMA) gekoppelt wird. Dieses wird über einen intravenösen Zugang ins Blutsystem gespritzt und reichert sich an PSMA-Proteinen an, welche bei >90% der Prostatakarzinom-Zellen in erhöhtem Ausmaß vorkommen. Die PSMA-PET ermöglicht bei Patienten mit Hoch-Risiko Prostatakarzinom eine verbesserte Analyse einer möglichen Metastasierung des Prostatakarzinoms in die Lymphbahnen- und Knoten, sowie in die Knochen. (4)
Die Prostatakarzinom-Arbeitsgruppe der Klinik für Strahlenheilkunde des Universitätsklinikums Freiburg hat sich zudem intensiv damit beschäftigt, inwieweit die PSMA-PET/CT den bisherigen Goldstandard MRT hinsichtlich der Detektion von Prostatakarzinom innerhalb der Prostata ergänzt. In gemeinsamen Forschungsprojekten mit der Klinik für Urologie, dem Institut für Pathologie, der Klinik für Nuklearmedizin und der Klinik für Radiologie wurden von insgesamt mehr als 30 Patienten die MRT und PSMA-PET/CT mit den entsprechenden histologischen Schnitten nach operativer Entfernung der Prostata aufgrund eines Prostatakarzinoms übereinander gelegt und analysiert. (5,6). Diese Studien haben gezeigt, dass durch Hinzunahme der PSMA-PET/CT die Rate und Qualität der Detektion des Prostatakarzinoms signifikant verbessert werden kann. Die PSMA-PET repräsentiert das wahre Tumorvolumen besser und zeigt häufig zusätzliche Läsionen innerhalb der Prostata, welche durch die MRT nicht dargestellt werden. Umgekehrt gibt es auch Läsionen, die in der MRT, aber nicht Inder PSMA-PET sichtbar sind (7).
Ko-Registrierung PSMA-PET, MRT und Histopathologische Schnitte
Bei der "Ko-Registrierung" wird versucht, die Informationen aus den verschiedenen Bildgebungen und den histopathologischen Schnitten möglichst genau in Deckung zu bringen.
(1) Meijer, Dennie et al. “Predicting early outcomes in patients with intermediate- and high-risk prostate cancer using prostate-specific membrane antigen positron emission tomography and magnetic resonance imaging.” BJU international vol. 129,1 (2022): 54-62. doi:10.1111/bju.15492
(2) Loeb, Stacy et al. “Evaluation of the 2015 Gleason Grade Groups in a Nationwide Population-based Cohort.” European urology vol. 69,6 (2016): 1135-41. doi:10.1016/j.eururo.2015.11.036
(3) National Comprehensive Cancer Network. Prostate Cancer (Version 1.2023). https://www.nccn.org/login?ReturnURL=https://www.nccn.org/professionals/physician_gls/pdf/prostate.pdf Accessed December 12, 2022.
(4) Hofman, Michael S et al. “Prostate-specific membrane antigen PET-CT in patients with high-risk prostate cancer before curative-intent surgery or radiotherapy (proPSMA): a prospective, randomised, multicentre study.” Lancet (London, England) vol. 395,10231 (2020): 1208-1216. doi:10.1016/S0140-6736(20)30314-7
(5) Bettermann, Alisa S et al. “[68Ga-]PSMA-11 PET/CT and multiparametric MRI for gross tumor volume delineation in a slice by slice analysis with whole mount histopathology as a reference standard - Implications for focal radiotherapy planning in primary prostate cancer.” Radiotherapy and oncology : journal of the European Society for Therapeutic Radiology and Oncology vol. 141 (2019): 214-219. doi:10.1016/j.radonc.2019.07.005
(6) Zamboglou, Constantinos et al. “The impact of the co-registration technique and analysis methodology in comparison studies between advanced imaging modalities and whole-mount-histology reference in primary prostate cancer.” Scientific reports vol. 11,1 5836. 12 Mar. 2021, doi:10.1038/s41598-021-85028-5
(7) Spohn, Simon et al. “Intraindividual comparison between 68Ga-PSMA-PET/CT and mpMRI for intraprostatic tumor delineation in patients with primary prostate cancer: a retrospective analysis in 101 patients.” European journal of nuclear medicine and molecular imaging vol. 47,12 (2020): 2796-2803. doi:10.1007/s00259-020-04827-6