Ernährung bei dystropher und junktionaler Epidermolysis bullosa (EB)
Einführung
- Epidermolysis bullosa (EB) äußert sich durch eine extrem empfindliche Haut, Blasen und Wunden. Besonders bei schweren Formen der dystrophen und junktionalen EB ist dies für den Körper eine außerordentliche Belastung. Die Ernährung muss deshalb zusätzlich Bausteine für die Wundheilung bereitstellen und Verluste über Wunden ausgleichen.
- Meist wachsen Kinder mit EB im ersten Lebensjahr ähnlich wie gesunde Kinder. Ab dem 2. Lebensjahr kommt es gerade bei Kindern mit dystropher EB zu Schwierigkeiten beim Essen und zögerlicher Gewichtszunahme.
- Weiche Speisen werden meist besser vertragen als harte (z.B. Brotkrusten). In manchen Phasen kann das Pürieren von Nahrung erforderlich sein. Es gibt zudem innovative Kochrezepte für weiches Essen, das geschmacklich und optisch attraktiv ist (siehe blaue Box).
- Prinzipiell gilt, dass eine ausgewogene, frische Kost der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln vorzuziehen ist.
- Gemeinsam mit Ernährungsfachkräften (Ökotropholog*innen) können praktische und individuelle Strategien zur optimalen Ernährung erarbeitet werden.
Makronährstoffe: Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette
Kohlenhydrate
- Schnelle, wichtige Energielieferanten (1 g enthalten 4,1 kcal).
- Sie kommen in einfacher Form (Zucker) und komplexen Formen vor (Stärke z.B. aus Kartoffeln oder Getreide).
- Stärke, idealerweise aus Vollkornprodukten, ist einfachen Zuckern vorzuziehen.
Fette
- Sind gute Energieträger (1 g enthält 9,3 kcal) und für den Transport fettlöslicher Vitamine wichtig.
- Durch Zugabe von Öl, Butter oder Sahne zum Essen können leicht Kalorien ergänzt werden.
Eiweiße (= Proteine)
- Ihre Bausteine, die Aminosäuren, sind für viele Prozesse im Körper unverzichtbar, z.B. für die Zusammensetzung neuer Zellen im Muskelaufbau und bei der Wundheilung.
- Wenn zu wenig Energie aus anderen Quellen vorhanden ist, wird Eiweiß verbrannt (1 g enthält 4,1 kcal) und steht nicht mehr für Wundheilung und Aufbau der Muskulatur zur Verfügung. Daher ist bei EB eine gute Eiweißversorgung besonders wichtig.
- Gute Eiweißlieferanten sind Milchprodukte, Fleisch, Fisch, Eier und Hülsenfrüchte.
Mehr Energie!
- Deckt die Nahrung alleine den Energiebedarf nicht, sind hochkalorische Trinknahrungen als Zwischenmahlzeit oder nach den Mahlzeiten eine gute Ergänzung (z.B. Nutrini, Fa. Nutricia; Fresubin und Frebini, Fa. Fresenius)
- Mit hochkalorischem Pulver kann man zusätzliche Kalorien ins Essen bringen (z.B. Scandishake/Fortimel/Maltodextrin, Fa. Nutricia; Resource junior Fa. Nestlé).
Mikronährstoffe: Vitamine & Spurenelemente (EB-relevante Auswahl)
Vitamin D
- Wichtig für Knochenaufbau, Wundheilung und Bekämpfung von Entzündungen.
- Enthalten in: Fettigen Fischen (z.B. Lachs), Lebertran. Unser Körper kann Vitamin D prinzipiell durch Kontakt von Sonnenlicht mit der Haut selbst herstellen, bei EB funktioniert das aber durch Verbände kaum und der Bedarf ist höher.
- Substitution: Bei Vitamin D-Mangel Einnahme von Vitamin D Tabletten oder Tropfen.
Eisen
- Baustein für Hämoglobin, den roten Blutfarbstoff, ist in den roten Blutkörperchen für den Sauerstofftransport zuständig.
- Wie kommt es zum Mangel?
- Durch Wunden geht Blut verloren.
- Die Eisenzufuhr ist oft gering und die Aufnahme über den Darm möglicherweise gestört.
- Durch die vielen Wunden ist Entzündung im Körper, die ebenfalls Eisen verbraucht.
- Mangelerscheinungen: Blutarmut (Anämie), äußert sich z.B. durch Blässe und Müdigkeit.
- Enthalten in: Dunklem Fleisch, Innereien, Hirse, Hülsenfrüchten und Trockenobst.
- Substitution: Eisentropfen oder -tabletten. Eisen wird am besten vor einer Mahlzeit mit Vitamin C zusammen (z.B. einem Glas Orangensaft) aufgenommen. Durch Calcium (Milchprodukte) und Oxalsäure (z.B. in Kaffee, Kakao, Spinat, Rhabarber) wird die Eisenaufnahme gehemmt. Manchmal sind auch Eiseninfusionen sinnvoll.
Selen
- Wichtiger Hilfsstoff für viele Stoffwechselabläufe im Körper, zudem schützt es Zellen vor Sauerstoffradikalen.
- Enthalten in: Fleisch (v.a. Innereien), Fisch, Hülsenfrüchten und Nüssen.
- Substitution: Selen-Tabletten oder -Trinklösung.
Zink
- Wichtig für Wundheilung und Immunsystem.
- Enthalten in: Dunklem Fleisch, Innereien, Schalen-/Krustentieren und Käse.
- Substitution: Als normale Tabletten, Brause- oder Lutschtabletten. Am besten mit Vitamin C und unabhängig von anderen Nahrungsergänzungsmitteln einnehmen.
Kontrolluntersuchungen
- Gewicht und Größe sollten regelmäßig etwa alle 3 Monate gemessen werden.
- Über Blutuntersuchungen (z.B. alle 12 Monate) lassen sich Blutarmut, Vitamin D-, Zink- und Selenmangel erkennen und deren Behandlung planen.
Verstopfung
- Verstopfung ist bei EB häufig. Sie ist u.a. durch geringe Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme und wenig körperliche Bewegung bedingt. Die Einnahme von Eisenpräparaten kann die Verstopfung verstärken.
- Beim Stuhlgang kann es an der empfindlichen Haut am After zu schmerzhaften Blasen und Rissen kommen.
- Schmerzbedingt wird weiterer Stuhlgang herausgezögert und auch das Essen vermieden, das die Darmtätigkeit anregen würde. In diesem Teufelskreis wird der Stuhl immer fester.
- Entgegensteuern lässt sich mit folgenden Maßnahmen:
- Reichliche Flüssigkeitszufuhr
- Ballaststoffreiche Lebensmittel (z.B. Vollkornprodukte, Obst und Gemüse)
- „Hausmittel“: Trockenobst wie Dörrpflaumen können eingeweicht, püriert und z.B. in Joghurt eingerührt werden.
- Einnahme von Macrogol oder Lactulose. Diese „Stuhlweichmacher“ erzeugen keine Abhängigkeit und können über Monate/Jahre eingenommen werden.
- Bitte zurückhaltend mit Zäpfchen und Einläufen sein!
Zähne und Karies
- Die Mundhygiene ist bei EB durch die empfindliche Schleimhaut und geringe Mundöffnung erschwert. Es sammeln sich Essensreste an und Bakterien können sich vermehren.
- Zucker ist idealer Nährstoff für Kariesbakterien, aber auch ein schneller Energielieferant. Hier muss man also Kompromisse finden.
- Süßigkeiten sollten möglichst wenig und wenn, dann im Anschluss ans Essen gegessen werden. Hinterher den Mund mit Wasser spülen und zweimal täglich die Zähne putzen.
- Zahnarztkontrollen sollten mind. alle 6 Monate erfolgen.
Ernährungssonden
- V.a. bei der schweren dystrophen EB können Mahlzeiten für die/den Betroffene/n und die Familie zur Qual werden: Das Essen dauert lange, kann schmerzhaft sein und unterliegt dem Zwang, die erforderlichen Nährstoffe aufzunehmen. Oft geht eine Mahlzeit fließend in die nächste über. Die Freude am Essen geht verloren.
- Ernährungssonden (meist PEG-Sonden im Oberbauch) sind in dieser Situation eine große Erleichterung. Der/die EB-Betroffene muss nur noch essen, was er/sie kann und will. Die weitere notwendige Nahrung und auch Medikamente können über die Sonde gegeben werden.
- Probleme solcher Sonden können Undichtigkeiten, Infektionen und Wunden der umgebenden Haut sein. Diese Situationen sind aber in der Regel gut beherrschbar.
- Die Entscheidung für eine Ernährungssonde sollte gemeinsam mit EB-Betroffenem/r, Familie und Ärz*innen getroffen werden. Eine frühzeitige Anlage wirkt sich vermutlich positiv auf das weitere Wachstum von Kindern mit EB aus.
Weitere Informationen:
Broschüren der internationalen EB-Selbsthilfeorganisation debra zu Ernährung (in englischer Sprache):
https://www.debra-international.org/constipation-management-in-eb-cpg
Auch der Austausch mit anderen EB-Betroffenen oder Eltern von Kindern mit EB kann hilfreiche Alltagstipps ergeben!
Weitere Informationen zu Zahnpflege bei EB unter: https://www.debra-international.org/oral-health-care-in-eb-cpg
Letzte Aktualisierung: August 2023
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