Zwerchfelllähmung
ThoraxchirurgieWelche Funktion hat das Zwerchfell?
Das Zwerchfell ist eine Muskel-Sehnen-Platte, welche Brust- und Bauchhöhle voneinander trennt. Neben dieser Funktion ist das Zwerchfell der wichtigste Atemmuskel. Der Anteil des Zwerchfells an der Atemarbeit beträgt in Ruhe 30-50% und steigt bei körperlicher Belastung bis zu 80%. Beim Einatmen senkt sich dabei das Zwerchfell in die Bauchhöhle, wodurch das Volumen der Lungen zunimmt, so dass sich die Lunge mit Luft füllt.
Abb.1: Gesundes Zwerchfell bei Ausatmung
Abb.2: Gesundes Zwerchfell bei Einatmung.
Wie kommt es zu einer Zwerchfelllähmung?
Sowohl im Hinblick auf die Ursachen als auch auf die Beschwerden gibt es grundlegende Unterschiede zwischen einer einseitigen Zwerchfelllähmung und einer beidseitigen Zwerchfelllähmung. In dieser Patientenbroschüre wollen wir über die häufigere einseitigeZwerchfelllähmung informieren. Der Zwerchfellmuskel wird rechts und links von je einem Zwerchfellnerv versorgt, welcher auf Höhe des 3. bis 5. Halswirbels dem Rückenmark entspringt. Von dort verläuft er zunächst entlang eines Halsmuskels, tritt dann durch die obere Brustkorböffnung in den Brustkorb ein und verläuft hier weiter entlang des Zwischenfellraums und des Herzbeutels bis zum Zwerchfell. Wird der Nerv durch eine Verletzung, eine Entzündung oder einen Tumor beschädigt, so wird die Nervenleitung und somit die Zwerchfellfunktion beeinträchtigt. Aufgrund des langen Verlaufs des Nervens und der engen Lagebeziehung zu beispielsweise Wirbelsäule, Lymphknoten, Körperhauptschlagader, Thymus, Herzbeutel und Lunge gibt es viele mögliche Ursachen für eine Schädigung des Zwerchfellnervs. Meist beruht die Schädigung jedoch entweder auf einer Verletzung des Nervens im Rahmen einer Operation an Herzen oder Thymus, oder einer nicht erkennbaren (idiopathischen) Ursache.Es wird vermutet, dass in letzterem Falle häufig eine Virusinfektion die Schädigung des Zwerchfellnervs verursacht. In der Anamnese wird daher nach Symptomen einer vorhergegangenen Viruserkrankungwie beispielsweise einer Erkältung, einer Grippe oder von unerklärlichen Schulterschmerzen gefragt. Eine Schädigung des Zwerchfellmuskels hingegen ist selten Ursache für eine einseitige Zwerchfelllähmung.
Welche Beschwerden sind typisch bei Zwerchfelllähmung?
Bei einer einseitigen Zwerchfelllähmung kommt es zu einer sogenannten paradoxen Zwerchfellbewegung, da beim Einatmen das gelähmte Zwerchfell sich nicht zusammenziehen und in die Bauchhöhle senken kann. Vielmehr folgt das gelähmte Zwerchfell dem durch die anderen Atemmuskeln erzeugten Unterdruck im Brustkorb und steigt daher weiter in den Brustkorb hinein. Dadurch dehnt sich die Lunge auf der betroffenen Seite nicht ausreichend aus um ausreichend mit Luft gefüllt werden zu können. Im Stehen fixiert die Schwerkraft die Bauchorgane und somit auch das gelähmte Zwerchfell, so dass die paradoxe Zwerchfellbewegung weniger ausgeprägt ist. Bei Aufheben der Schwerkraft hingegen ist die paradoxe Zwerchfellbewegung stärker ausgeprägt. Typischerweise berichten betroffene Patienten daher meist über das Auftreten von Atemnot beim Bücken, im Liegen oder beim Schwimmen. Des Weiteren leiden Patienten häufig an Atemnot bei körperlicher Belastung. Diese Beschwerden treten insbesondere dann auf, wenn zusätzliche Erkrankungen vorliegen, welche die Atmung beeinträchtigen, wie z.Bsp. COPD, Herzinsuffizienz oder Übergewicht. Bei ansonsten gesunden Patienten hingegen treten die Beschwerden häufig nur sehr diskret in Erscheinung. Da sich auf der betroffenen Seite die Lunge beim Einatmen nicht gut mit Luft füllen kann, kommt es bei Patienten mit Zwerchfelllähmung häufiger und wiederholt zu Lungenentzündungen als bei zwerchfellgesunden Menschen.
Abb.3: Zwerchfell bei Ausatmung und Zwerchfelllähmung links.
Abb.4: Zwerchfell bei Einatmung und Zwerchfelllähmung links (paradoxe Zwerchfellbewegung)
Abb.5: Im Stehen und Sitzen wirkt die Schwerkraft der paradoxen Zwerchfellbewegung entgegen.
Abb.6: Bei Aufhebung der Schwerkraft unterstützt der Druck der Bauchorgane die paradoxe Zwerchfellbewegung. Dies führt zu einer verstärkten Atemnot, beispielsweise im Liegen, beim Bücken oder beim Schwimmen.
Abb.6b: Bei Aufhebung der Schwerkraft unterstützt der Druck der Bauchorgane die paradoxe Zwerchfellbewegung. Dies führt zu einer verstärkten Atemnot, beispielsweise im Liegen, beim Bücken oder beim Schwimmen.
Wie wird eine Zwerchfelllähmung nachgewiesen?
Bei einseitiger Zwerchfelllähmung steht das betroffene Zwerchfell höher als auf der gesunden Seite. Dieser sogenannte Zwerchfellhochstand lässt sich in einem Röntgen-Thorax nachweisen. Berichtet ein Patient beispielsweise von einer seit einer Herzoperation bestehenden Atemnot, insbesondere im Liegen oder beim Bücken und zeigt das Röntgenbild nach der Herzoperation einen Zwerchfellhochstand, welcher vor der Operation nachweislich noch nicht vorlag, so kann mit großer Sicherheit von einer durch die Operation verursachten Zwerchfelllähmung ausgegangen werden. Die Atemmessungen in Ruhe (Spirometrie) helfen, das Ausmaß der Beeinträchtigung zu quantifizieren. Hierbei wird insbesondere darauf geschaut, wieviel Luftvolumen der Patient einatmen kann (inspiratorische Vitalkapazität) und zwar einmal im Sitzen und einmal im Liegen gemessen. Patienten mit einseitiger Zwerchfelllähmung haben eine verminderte Vitalkapazität, welche sich im Liegen noch mal deutlich reduziert.
Nicht jeder Zwerchfellhochstand im Röntgen-Thorax ist durch eine Zwerchfelllähmung verursacht. Beispielsweise kann ein vermindertes Lungenvolumen auf einer Seite ebenfalls das Zwerchfell anheben. Mit einer Ultraschalluntersuchung des Zwerchfells kann neben der Beurteilung der Zwerchfellbewegung auch die Differenz der Zwerchfelldicke bei Einatmung und Ausatmung ermittelt werden und somit eine vorhandene Funktion des Zwerchfells (Zusammenziehen des Muskels bei Einatmung mit konsekutiver Muskelverdickung) bewiesen oder widerlegt werden. Bei nicht eindeutig zu klärender Ursache des Zwerchfellhochstands empfehlen wir zum Ausschluss eines krankhaften Geschehens am Hals oder im Brustkorb die ergänzende Durchführung einer Computertomographie oder einer Kernspintomotgraphie (Magenetresonanztomographie). Technisch anspruchsvolle, neurologische Untersuchungen (Neurographie, Elektromyographie) sind nur in seltenen Fällen erforderlich .Mit diesen Methoden kann im Zweifelsfall die Nervenschädigung bestätigt und weiter charakterisiert werden.
Darstellung des Zwerchfells mittels Ultraschalluntersuchung.
Welche Behandlungsmöglichkeiten bei Zwerchfelllähmung gibt es?
Eine einseitige Zwerchfelllähmung muss nur behandelt werden, wenn der betroffene Patient Atemnot verspürt. Die Therapie der einseitigen Zwerchfelllähmung besteht in einer sogenannten Zwerchfellraffung. Hierbei wird das gelähmte Zwerchfell mit kräftigen Nähten derart gerafft, dass es sich bei der Einatmung nicht mehr in den Brustkorb heben kann. Dadurch kann die Atemarbeit der restlichen Atemmuskulatur wieder besser wirken und es strömt beim Einatmen wieder mehr Luft in die Lunge der betroffenen Seite.
Abb.9 Zwerchfell bei Einatmung nach Zwerchfellraffung links. Die paradoxe Zwerchfellbewegung wird durch die Zwerchfellraffung verhindert.
Abb.10 Röntgen-Thorax nach Zwerchfellraffung. (Rote Pfeile markieren neuen Zwerchfellstand)
Der Eingriff kann minimal-invasiv durchgeführt werden. Für die Operation ist eine Vollnarkose erforderlich. Vor einer Zwerchfellraffung sollten andere Erkrankungen, die ebenfalls Atemnot verursachen, bestmöglich behandelt werden. Hierzu zählt beispielsweise die Gewichtsreduktion bei übergewichtigen Patienten, oder die medikamentöse Behandlung bei COPD oder Herzinsuffizienz. Da in Abhängigkeit des Ausmaßes der Nervenschädigung der Zwerchfellnerv sich auch wieder erholen kann, empfehlen wir vor einer Zwerchfellraffung einige Monate abzuwarten. Spätestens nach 2 Jahren ist eine Spontanerholung der Zwerchfellfunktion sehr unwahrscheinlich.
Eine Zwerchfellraffung führt nachweislich zu einer signifikanten und anhaltenden Verbesserung der Lungenfunktion mit deutlichem Rückgang derAtemnot. Dieser Effekt ist auch nach Jahren noch nachweisbar.
Was sind die Risiken einer Operation (Zwerchfellraffung)?
Wie jede Operation birgt auch die Zwerchfellraffung das Risiko von Komplikationen. Hierunter zählen anhaltende Schmerzen, Wundinfektion, Lungenentzündung, Blutung, Thrombose, Verletzung umliegender Organe (z. Bsp. Lunge, Leber, Milz) oder Rezidiv des Zwerchfellhochstands. Da die Zwerchfellraffung jedoch minimal-invasiv durchgeführt werden kann, sind diese Komplikationen selten und schwere Komplikationen eine Rarität. Vor jeder Operation findet noch mal ein ausführliches Gespräch über Durchführung und Risiken der Operation und der Narkose statt.
Wie geht es nach der Operation weiter?
Bei einer Zwerchfellraffung muss mit einem ca.1-wöchigen stationären Aufenthalt im Krankenhaus gerechnet werden. Unmittelbar im Anschluss an die Operation steht zunächst die krankengymnastisch unterstütze, frühzeitige Mobilisierung sowie die Reduktion und Entwöhnung der Schmerzmittel im Vordergrund. Die während der Operation gelegte Brustkorbdrainage kann meist am 1. oder 2. postoperativen Tag entfernt werden. Eine Röntgenkontrolle wird meist unmittelbar nach der Operation sowie am Tag nach Entfernen der Brustkorbdrainage durchgeführt. Am 10. postoperativen Tag können die Fäden entfernt werden. Nach abgeschlossener Wundheilung kann die körperliche Belastung symptombezogen gesteigert werden. Starke körperliche Arbeit mit Heben schwerer Lasten empfehlen wir für insgesamt 4-6 Wochen zu vermeiden. Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit richtet sich nach dem postoperativen Verlauf sowie der Art der Tätigkeit (meist 2 bis 3 Wochen). Einen Monat sowie ein Jahr nach Operation empfehlen wir eine ambulante Wiedervorstellung in unserer Thoraxchirurgischen Ambulanz oder bei einem niedergelassenen Lungenfacharzt zur Verlaufskontrolle mit jeweils Durchführung eines Röntgen-Thorax sowie einer erneuten Atemmessung in Ruhe im Sitzen und im Liegen, um den Behandlungserfolg zu messen.
Haben Sie noch Fragen?
Alle noch verbliebenen Fragen klären wir gerne mit Ihnen bei einem Besuch in unserer Thoraxchirurgischen Ambulanz. Eine Terminvereinbarung ist meist kurzfristig möglich.
Terminvereinbarung unter: 0761 270-24580
Flyer Zwerchfelllähmung
Klinik für Thoraxchirurgie
Hugstetter Straße 55
79106 Freiburg