Chirurgie peripherer Nerven
Das individuelle Behandlungskonzept
Die periphere Nervenchirurgie umfasst die operative Behandlung von Nervenverletzungen, Nerveneinklemmungen und Nerventumoren, die zu Missempfindungen, Schmerzen, Schwäche und Funktionsausfällen führen.
Die Behandlung beginnt mit der präzisen Diagnosestellung. Hierzu ist eine gründliche körperliche Untersuchung entscheidend. Diese kann mit radiologischer und elektrophysiologischer Diagnostik ergänzt werden. Sollte eine Operation notwendig sein, wird diese sorgfältig geplant und nach höchsten Standards umgesetzt. Eine gleichwertige Bedeutung in der Behandlung solcher komplexen Krankheitsbildern hat die Nachbehandlung: deshalb wird jeder Patient individuell in Absprache von Chirurgen und spezialisierten Physio- und Ergotherapie nachbehandelt.
Die langjährige Erfahrung erlaubt uns, ein individuelles Behandlungskonzept für jeden Patienten zu erarbeiten. Dieses wird in Zusammenarbeit mit den Kliniken für Neurologie, Neuroradiologie, Neurochirurgie, Orthopädie und Unfallchirugie, Zentrum für Schmerzmedizin, sowie Physio- und Ergotherapie, umgesetzt. In regelmäßigen Abständen findet die Interdisziplinäre Konferenz für Erkrankungen der Peripheren Nerven statt, an welcher alle o.g. Disziplinen vertreten sind. Die Konferenz ist die erste ihrer Art mit dem Schwerpunkt Periphere Nerven an der Uniklinik Freiburg und wird auch deutschlandweit nur selten angeboten.
Es steht allen Abteilungen sowie externen Ärzt*innen offen, Patient*innen für die Konferenz anzumelden. Senden Sie dafür das Dokument ausgefüllt per Mail an das Sekretariat: marie.szczepanski@uniklinik-freiburg.de
Prinzipien der Behandlung
Die Zeit spielt eine außerordentlich wichtige Rolle in der Behandlung von peripheren Nervenverletzungen.
Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass es nach einem Jahr nach einer vollständigen Unterbrechung der Nervenleitung zu einem unumkehrbaren Untergang der Muskelfasen kommt, was zu einem dauerhaften Funktionsverlust führt.
Umso wichtiger ist deshalb eine rechtzeitige Vorstellung, um noch über die gesamte Palette an Behandlungsmöglichkeiten zu verfügen. Eine frühzeitige (<1 Jahr) Vorstellung vorausgesetzt, beinhaltet diese:
Die direkte Nervennaht oder Dekompression (Freilegung)
Bei durchtrennten oder eingeklemmten Nerven sollen diese mikrochirurgisch rekonstruiert bzw. freigelegt werden.
Der Nerventransplantat
Ist eine Nervenverletzung sehr ausgedehnt oder die Nervenenden bereits vernarbt kann es notwendig sein, das nicht mehr leitfähige Nervengewebe mit einem sog. Interponat zu ersetzen. Als Interponate kommen rein sensible Nerven in Frage, die vom Patienten selber entnommen werden und dessen Entnahme keinen funktionell-motorischen Ausfall hinterlässt.
Der Nerventransfer (Nervenumlagerung)
Periphere Nerven regenerieren langsam. Man geht von einer Regenerationsgeschwindigkeit von 1 mm am Tag aus. Ist die Verletzung weit entfernt vom Zielorgan kann es sein, dass die heranwachsende Nervenimpulse zu langsam sind, um den Untergang der Muskulatur zu verhindern. In solchen Fällen kommt der Nerventransfer zum Einsatz: bei dieser Operation werden funktionell entbehrliche Nervenäste eines gesunden Nervs auf den erkrankten Umgeleitet, und zwar viel näher an den Zielmuskel, welcher dann von diesem gesunden Nervenast angesteuert wird.
Liegt die Verletzung länger als 1 Jahr zurück oder es sind bereits Zeichen des Muskelschwundes vorhanden, ist es dennoch in vielen Fällen möglich eine zufriedenstellende Funktion wiederherzustellen. Hierbei kommt in Frage:
Der Sehnentransfer (Sehnenumlagerung)
Hierbei werden gesunde Muskel-Sehnen-Einheiten auf die ausgefallenen umgeleitet, um deren Funktion zu übernehmen.
Abb.: Wenn der Muskel auf Grund einer seit längerer Zeit zurückliegender Verletzung verloren (atrophiert) ist, kann in vielen Fällen die Funktion mittels Sehnenumlagerung wiederhergestellt werden. Hier ist der rekonstruktive Plan bei einer Fallhand (N. radialis Lähmung) gezeigt. Den Link zur vollständigen Publikation finden Sie unten auf dieser Seite.
Der freie funktionelle Muskeltransfer
Eine Funktion (Arm- oder Fingerbeugung) kann auch mit einer freien Muskelverpflanzung wiederhergestellt werden. Hierbei wird typischerweise der M. gracilis von der Oberschenkelinnenseite entnommen, und an einem Nerv- und Gefäße am Oberarm angeschlossen. Die Kontraktion des verpflanzten Muskels ermöglicht die Wiederaufnahme der Funktion, auch wenn die Armmuskulatur nicht mehr funktionsfähig ist.
Abb.: Der freie funktionelle M. gracilis wird am Oberschenkelentnommen und am Oberarm am Nerv und an die Gefäße angeschlossen. Hierdurch kann der Oberschenkelmuskel die fehlende Armfunktion ersetzen (Ellenbogen- oder Fingerbeugung). Bildquelle: Bishop; Hand Clinics; 2005
Behandlung von Nervenverletzungen erfordert die Zusammenarbeit von vielen Disziplinen
Die Behandlung der peripheren Nervenschädigung erfordert in der Diagnostik, während der Operation, und in der Nachbehandlung stets eine individuelle und interdisziplinäre Herangehensweise.
Die enge Vernetzung unserer Klinik mit den Kliniken für Neurologie, Neurochirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Schmerztherapie und Radiologie, sowie der stätige Kontakt mit der Physio- und Ergotherapie im Hause bieten die optimalen Voraussetzungen für die Diagnostik und Behandlung dieser komplexen Krankheitsbilder.
Viele Operationen können ambulant durchgeführt werden. Die häufigsten Nervenkompressionssyndrome (Karpaltunnelsyndrom und Sulcus-Ulnaris-Syndrom) werden endoskopisch-unterstützt operiert, was ein geringeres Operationstrauma und eine schnellere Erholung nach der Operation bedeutet.
Die häufigsten nervenchirurgischen Krankheitsbilder
- Nervenkompressionssyndrome: Karpaltunnelsyndrom, Sulcus-Ulnaris-Syndrom, sowie seltenere Nervenkompressionen an der oberen und an der unteren Extremität
- Entfernung von Tumoren (gutartige und bösartige Tumoren des Nervengewebes)
- Neurolysen (Lösen von Vernarbungen, die den Nerven beeinträchtigen)
- Kontinuitätswiederherstellung bei Läsionen im gesamten peripheren Nervensystem
- Operationen bei Verletzungen des Armplexus (Plexus brachialis)
- Rekonstruktionen bei Lähmungen des Gesichtsnerven (Fazialisparese)
Klinik für Plastische und Handchirurgie
Hugstetter Straße 55
79106 Freiburg
Telefon: 0761 270-27790