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Sonderausgabe
Wie haben sich in den vergangenen Jahren
die Vorstellungen und Ansprüche geändert, die Ärzte
an ihren Arbeitsplatz haben?
Eine große Veränderung, die nicht nur den medizini-
schen Bereich betrifft, ist die, dass die berufliche Arbeit
nicht mehr als oberste Priorität im Leben angesehen
wird. Sie wird vielmehr als ein Teil des individuellen Le-
bens betrachtet. Darüber hinaus gibt es Änderungen, die
sozusagen von außen nach innen das Bewusstsein ver-
ändern, beispielsweise das Arbeitszeitschutzgesetz, Ta-
rifverträge und anderes.
Mit welchen konkreten Forderungen treten
junge Mediziner nach Beendigung ihres Studiums an
Sie als Arbeitgeber heran?
Die erste – und meiner Meinung nach völlig richtige –
Forderung ist die nach einer hochqualifizierten und
hochkompetenten Weiterbildung und anschließender
Facharztfortbildung. Diese sollten transparent, verbind-
lich und klar strukturiert sein. Eine weitere legitime
Hauptforderung ist die nach einer adäquaten Vergütung
der geleisteten Arbeitszeit – sei es finanziell oder durch
Freizeitausgleich. Und als Drittes versuchen Ärztinnen
und Ärzte sowie Pflegerinnen und Pfleger, die zu er-
bringende Arbeitszeit möglichst sozialverträglich zu
gestalten, also in eine Kompatibilität mit Familie bezie-
hungsweise sozialem Umfeld zu bringen.
Wie kann oder muss die Uniklinik Freiburg
auf diesen Trend reagieren?
Das Klinikum sollte einzelne Kliniken und Abteilungen
auf die besondere Wichtigkeit von Weiterbildungsstruk-
turen, Fortbildungsoffensiven und Schwerpunktbildung
aufmerksam machen. Darüber hinaus müssten den ein-
zelnen Einrichtungen elektronische Tools zur Verfügung
gestellt werden, die das Ausarbeiten von Einsatzplänen
und das Berechnen von Arbeitszeitmodellen erleichtern.
Das Universitätsklinikum könnte sich als übergeordnete
Institution an Finanzierungsmodellen für Fort- und Wei-
terbildungen der Beschäftigten beteiligen. Das ist bisher
den einzelnen Einrichtungen überlassen, sodass es am
Klinikum kein einheitliches Konzept gibt.
Welche konkreten Möglichkeiten gibt es für
Ärztinnen und Ärzte in Ihrer Klinik, Familie, Beruf und
Karriere unter einen Hut zu bringen?
Eine wichtige Möglichkeit ist die, die eigenen Wünsche
zu formulieren. Dazu gibt es bei uns strukturierte Rota-
tions- und Mitarbeitergespräche. In diesen können für
beide Seiten verbindliche Absprachen zur weiteren Aus-
bildungs- und Karriereplanung getroffen werden.
Konkret bedeutet das, dass wir bereits vor dem Mutter-
schutz mit der Kollegin besprechen, wie es nach der – hof-
fentlich gut verlaufenden – Geburt des Kindes und der
anschließenden Elternzeit weitergehen soll. Wir bieten
Teilzeitmodelle in der Weiterbildung an. Diese bewegen
sich aufgrund der hohen Anforderungen, die unser Fach-
bereich mit sich bringt, bei 50 und 75 Prozent der norma-
len Arbeitszeit. Speziell die Weiterbildung in der Intensiv-
medizin, die für den Facharzt Anästhesiologie ein Jahr
beträgt, können wir jedoch nur in Vollzeit anbieten. Nur
so können die Mitarbeiter zum einen sich selbst, zum an-
deren aber auch den Patientinnen und Patienten in der
Versorgung unserer hochkomplexen Intensivmedizin
gerecht werden. Aber genau das besprechen wir zu ei-
nem frühen Zeitpunkt, sodass sich beide Seiten darauf
„Früher war es einfacher,
aber nicht alles war besser“
Interview
mit Professor Dr. Hartmut Bürkle,
Ärztlicher Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin
„Eine wichtige Möglichkeit ist die,
die eigenen Wünsche zu formulieren.
Dazu gibt es bei uns strukturierte
Rotations- und Mitarbeitergespräche.“