

E IN COCKTAI L ZUM WOHL DER
LEBER
„Wir durchkreuzen die Pläne des
Tumors“, sagt Professor Dr. Robert
Thimme, Ärztlicher Direktor der
Klinik für Innere Medizin II des
Universitätsklinikums Freiburg. Er
versucht mit seinem Team, die Tarn-
mechanismen von Lebertumoren
auszuhebeln und das Immunsystem
zu einer stärkeren Aktivität zu brin-
gen. Die PD-1-Inhibitoren scheinen
auch hier erfolgreich zu sein. Es gibt
allerdings noch einige Rezeptoren
mehr auf der Oberfläche einer Killer-
zelle. „Wir kennen noch nicht die re-
lative Bedeutung der verschiedenen
Rezeptoren, aber wir schauen uns
aktuell ein paar Kandidaten an“, sagt
Thimme. Vielversprechend seien
auch sogenannte CTLA-4-Hemmer.
„Den Anfang einer langen Rei-
se“ nennt Thimme die Forschung,
die derzeit zu immunonkologischen
Wirkstoffen betrieben wird. Leber-
krebs ist der fünfthäufigste Krebs
weltweit; der
zweithäuf igs-
te, der zum Tod
führt.
„Die-
ser Tumor ist
darauf
spezi-
alisiert, keine Immunantwort des
Körpers zu verursachen – das macht
die Arbeit für uns nicht einfacher“,
sagt Thimme. Die Wissenschaftler
müssen versuchen, genau den Hebel
zu finden, der das trickreiche Agie-
ren des Tumors blockiert. Dass jeder
Patient anders auf die Wirkstoffe
reagiert, erschwert die Suche. „Ob je-
mand anspricht oder nicht, hat sehr
viele verschiedene Ursachen, zum
Beispiel seinen genetischen Hinter-
grund oder andere Erkrankungen,
die bereits vor der Krebsdiagnose da
waren“, erklärt Thimme. PD-1-Inhi-
bitoren allein werden nicht ausrei-
chen, ist er sich sicher. „Wir brau-
chen einen Cocktail verschiedener
Inhibitoren, und wir müssen noch
herausfinden, wie man den mixt.“
LEUKÄMI EZE LLEN AUS DER DE -
CKUNG LOCKEN
Nicht so aggressiv wie eine Che-
motherapie, andere Nebenwirkun-
gen und häufig eine längere Wirk-
samkeit – so beschreibt Professor Dr.
Robert Zeiser, Oberarzt und Leiter
einer DFG-Heisenberg-Forscher-
gruppe an der Klinik für Innere
Medizin I des Universitätsklinikums
Freiburg, die Immunonkologie. Ge-
meinsam mit Kollegen forscht er
zum sogenannten Graft-versus-Tu-
mor-Effekt. Dieser sorgt für die Eli-
mination von Tumorzellen nach
allogenen Stammzelltransplantati-
onen, also dann, wenn der Spender
und der Empfänger nicht gleich sind.
Das Immunsystem des Spenders
reagiert dabei gegen die
Leukämiezellen. In einigen
Fällen entkommen die Leu-
kämiezellen allerdings dem
Immunsystem. Daher geht
das Team um Zeiser neue
immunonkologische Wege.
„Wir versuchen gerade,
Leukämiezellen so anzure-
gen, dass sie vermehrt ent-
zündungsfördernde Boten-
stoffe bilden. So können die
Zellen besser vom Immunsystem
erkannt und eliminiert werden“,
erklärt Zeiser. Gleichzeitig muss je-
doch eine überschießende Immun-
antwort nach allogener Stammzell-
transplantation verhindert werden,
beispielsweise mithilfe sogenannter
Janukinase-1/2-Inhibitoren. Ein sol-
cher Inhibitor, Ruxolitinib, wird der-
zeit in einer groß angelegten Studie
untersucht (siehe Infokasten).
DER ANFANG EINER LANGEN REISE
Die Immunonkologie erlebt gera-
de auf vielerlei Weise ihre Anfänge.
Neue Therapien und Ansätze werden
erforscht, zahlreiche Studien laufen.
Noch sind nicht sämtliche Chancen
undauchRisikendieser neuenMetho-
de ausgelotet. Doch bereits jetzt sind
sich die Ärzte einig: Die Immunon-
kologie bringt die Krebsbekämpfung
einen großen Schritt voran.
DIE RIG-STUDIE: SPENDERZELLEN UNTER KONTROLLE
Der Wirkstoff Ruxolitinib soll bei stammzelltransplantierten Leukämiepatien-
ten verhindern, dass das Immunsystem des Spenders das Gewebe des Emp-
fängers attackiert und die lebensbedrohliche Graft-versus-Host-Erkrankung
(GvHD) verursacht. Die Ergebnisse der ersten Untersuchungen waren so viel-
versprechend, dass jetzt eine große multizentrische Studie durchgeführt wird:
RIG (Ruxolitinib In GvHD-Trial). „Viele Zentren setzen den Wirkstoff mangels
ähnlich erfolgreicher Alternativen bereits ein“, sagt Professor Dr. Nikolas von
Bubnoff, der die Studie leitet. Ziel ist es, genauer sagen zu können, welche
Patienten auf die Therapie ansprechen und warum. Neun führende deutsche
Transplantationszentren sind involviert. Datenmanagement, Finanzierung,
Arzneimittelsicherheit, Monitoring und die Terminplanung stellen bei so vie-
len Mitwirkenden eine Herausforderung dar. „Das ist eine extrem aufwändige
Studie, aber eine, die allen Beteiligten Spaß macht, eben weil sie so professi-
onell angelegt ist“, erklärt Rainer Bredenkamp, Direktor des Studienzentrums
am Universitätsklinikum Freiburg und Geschäftsführer des Tumorzentrums
Freiburg – CCCF. Unterstützt wird die Studie von der Deutschen Krebshilfe.
Noch sind nicht alle
Chancen ausgelotet
17
1 | 2016
1 | 2016
16