Erregerbedingte Entzündungen von Gehirn, Hirnhäuten, Nervenwurzeln
Erregerbedingte Entzündungen der Nerven und des Gehirns können zu einer Vielzahl von neurologischen Symptomen führen, die sich in der Bandbreite von Kopfschmerzen bis hin zum Koma mit tödlichem Ausgang erstrecken können. Je nach ursächlichem Erreger und dessen Virulenz treten die Beschwerden sehr rasch innerhalb von Stunden ein oder führen zu einer über Wochen bis Monate zunehmenden chronischen Symptomatik. In der Diagnostik kommen neben bildgebenden Verfahren (meist Kernspintomographie) vor allem serologische Untersuchungen und die Nervenwasser (Liquor)-Untersuchung zum Einsatz. Die Diagnosestellung und Behandlung der Neuroborreliose stellt einen Schwerpunkt der Neurologischen Klinik dar.
Bakterielle Meningitis: Symptome, Diagnose und Therapie
Bei einer bakteriellen Hirnhautentzündung (Meningitis) kommt es akut innerhalb von wenigen Stunden zu Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit und hohem Fieber. Begleitend können Lärm- und Lichtempfindlichkeit auftreten. Im Verlauf kommen bei einem Übergreifen der Entzündung auf das Gehirn (Meningoenzephalitis) eine zunehmende Bewusstseinseintrübung, epileptischen Anfälle und fokal-neurologische Ausfälle hinzu. Die sofortige Klinikeinweisung zur raschen Diagnosestellung und Behandlung ist notwendig, um eine sonst hohe Sterblichkeit zu vermeiden. Typische Erreger sind Pneumokokken, Meningokokken, Listerien, Staphylokokken, Enterobakterien oder Hämophilus influenzae. Die Therapie erfolgt mittels Antibiotika-Gabe, Kortison-Behandlung und ggf. Sanierung des Infektherdes. Grundsätzlich ist einer raschen Antibiotika-Behandlung Priorität vor der weiteren Diagnostik wie z.B. Bildgebung des Schädels, Nervenwasser-Diagnostik oder EEG einzuräumen.
Virale Meningoenzephalitis, FSME: Symptome, Diagnose, Therapie und Prophylaxe
Generell sind die Symptome der viralen Hirnhautentzündung vergleichbar mit den Beschwerden bei der bakteriellen Meningitis; der Verlauf und die Intensität der Symptome sind jedoch meistens weniger ausgeprägt. Trotzdem ist auch bei der viralen Meningoenzephalitis eine rasche Diagnosestellung und Behandlung erforderlich. Allerdings ist nur bei den durch Viren aus der Herpes-Familie verursachten Erkrankungen eine kausale Therapie möglich; ansonsten erfolgt eine symptomatische Behandlung mit dem Ziel der Beschwerdelinderung. Typische virale Erreger einer Meningitis sind Enteroviren, Viren aus der Herpes-Familie (Herpes simplex Typ I und Typ II, Varicella zoster / Windpockenvirus) sowie das FSME-Virus. Bei Patienten mit einer Immunschwäche muss auch an andere seltenere virale Erreger gedacht werden.
Hinsichtlich der Prophylaxe der in Baden-Württemberg relativ häufigen Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), die durch einen Zeckenstich übertragen wird, ist bei exponierten Personen eine Impfung anzuraten, wie in den Leitlinien zur Frühsommer-Meningitis der Deutschen Gesellschaft für Neurologie vorgeschlagen wird. Die meisten Hausärzte bieten eine FSME-Impfung an.
Neuroborreliose: Symptome, Diagnose und Therapie
Die Neuroborreliose ist durch eine Entzündung der Nervenwurzeln, der Hirnhäute, des Gehirns oder der Hirnnerven durch Borrelien gekennzeichnet. Diese Bakterien können durch einen Zeckenstich (nicht „Zeckenbiss“) übertragen werden; nicht immer finden sich Zeichen einer Hautinfektion an der Einstichstelle (Wanderröte = Erythema migrans chronicum). Im Gegensatz zur FSME existiert bei der Borreliose keine ausreichend wirksame Impfung gegen diesen Erreger. Entscheidend ist die schnelle Entfernung der Zecke, da Borrelien erst nach einer Saugzeit der Zecke von mindestens zwölf Stunden in den Wirt gelangen.
Die akute Neuroborreliose äußert sich durch typische, klinisch abgrenzbare Symptome. Am häufigsten findet sich eine Nervenwurzelentzündung (Radikulitis, Garin-Bujadoux-Bannwarth-Syndrom); im Vordergrund stehen starke, häufig nächtlich betonte Schmerzen, Lähmungen und Sensibilitätsstörungen. Neben den Spinalwurzeln können die Hirnnerven beteiligt sein; hierbei ist in der Mehrzahl der Fälle der VII. Hirnnerv (N. facialis) mit den Folgen einer akuten Gesichtslähmung betroffen. Viel seltener kann es zu einer isolierten Entzündung der Hirnhäute oder des Gehirns selbst kommen. Eine chronische Neuroborreliose, die sich typischerweise mit einer langsam zunehmenden spastisch-ataktischen Gangstörung in Verbindung mit Blasenstörungen präsentiert, ist eine Rarität. Ebenso ist eine isolierte Borrelien-assoziierte Polyneuropathie sehr selten und tritt meist zusammen mit Hautveränderungen (Acrodermatitis chronica atrophicans Herxheimer) auf.
Die Diagnose der Neuroborreliose wird anhand klinischer Befunde und durch eine Nervenwasseruntersuchung gestellt. Ein unauffälliger Liquorbefund schließt eine Neuroborreliose mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus. Große Vorsicht ist bei der Interpretation von Borrelien-spezifischen Befunden in der Blutuntersuchung angebracht: Ein positiver „Borrelien-Titer“ ohne klinische Symptomatik belegt lediglich den Kontakt des Immunsystems mit dem Erreger, beweist jedoch nicht eine behandlungsbedürftige Erkrankung. Die Behandlung der gesicherten Neuroborreliose erfolgt antibiotisch.
Zur vertiefenden Information empfehlen wir die Leitlinien zur Neuroborreliose der Deutschen Gesellschaft für Neurologie DGN und das Nationale Referenzzentrum für Borrelien.
Neuroinfektiologische Erkrankungen bei Immunschwäche: Diagnose und Therapie
Das mögliche Erregerspektrum bei entzündlich-infektiösen neurologischen Erkrankungen ist bei Patienten mit einer Immunschwäche deutlich breiter als bei sonst gesunden Personen. Zu dieser Gruppe gehören Patienten mit Krebserkrankungen, Patienten mit Chemotherapie, Patienten unter hocheffektiven Behandlungen mit monoklonalen Antikörpern (z.B. weisen Multiple Sklerose-Patienten unter Natalizumab ein erhöhtes Risiko für eine Progressive Multifokale Leukenzephalopathie/PML, eine Hirnentzündung durch das JC-Virus, auf), Patienten mit angeborenen Immundefekten und HIV-positive Patienten. Folgende Erreger werden bei dieser Patientengruppe zusätzlich zu den o.g. „gängigen“ Erregern als Ursache einer Infektion des Nervensystems in Betracht gezogen: Pilze (z.B. Candida, Kryptokokken, Aspergillus), Protozoen (Toxoplasmose), Bakterien (Neurotuberkulose, Listerien, Strepto- und Staphylokokken) und Viren (HIV, JCV, humanes Herpesvirus 6, CMV, EBV).
Die initiale antibiotische Therapie erfolgt breit, orientiert sich an der Grunderkrankung des Patienten und wird schließlich resistenzgerecht an den detektierten Erreger angepasst.
Prionerkrankungen: Symptome und Diagnose
Prion-assoziierte Hirnerkrankungen (Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Syndrom, Kuru sowie die fatale familiäre Insomie) sind laut Nationalem Referenzzentrum Prionforschung sehr seltene neurologische Erkrankungen. Die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, die sporadisch, aber auch durch Übertragung (Hirnhaut- und Hornhauttransplantate, unzureichend sterilisierte neurochirurgische Instrumente) auftreten kann, ist nach unspezifischen Frühsymptomen durch eine rasch zunehmende Demenz mit im Verlauf zusätzlich auftretenden fokal-neurologischen Symptomen (visuelle Störungen, Kleinhirnsymptome, Myoklonien) gekennzeichnet.
Die Diagnose wird durch das klinische Bild sowie Zusatzuntersuchungen (Kernspintomographie, EEG, Liquordiagnostik mit Bestimmung von speziellen Parametern) gestellt. Die Erkrankung führt meist innerhalb weniger Monate zum Tod; eine kausale Behandlung existiert nicht. Die Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJD), die auf den Verzehr von BSE-verseuchtem Rindfleisch zurückgeführt wird, ist in Deutschland bislang nicht aufgetreten.
Wurmerkrankungen des Gehirns: Symptome, Diagnose und Therapie
Selten findet sich ein Befall des Nervensystems durch Finnen (Wurmlarven) des Schweinebandwurmes (Taenia solium), des Hundebandwurmes (Echinococcus granulosus) oder des Fuchsbandwurmes (Echinococcus multilocularis). Die Infektion erfolgt hierbei meist durch die Aufnahme der Wurmeier über kontaminierte Nahrungsmittel. Die Symptome sind abhängig von der Lage der Zysten im Nervensystem. Die Diagnosestellung erfolgt mittels Kernspintomographie und den direkten oder indirekten Nachweis des Erregers im Nervenwasser und Blut. Therapiert wird meist antibiotisch; in Einzelfällen kommt auch eine chirurgische Entfernung der Zyste infrage.