Wie Krebstherapien von Sportwetten profitieren
Onkologie(27.11.2019) Krebsspezialisten haben eine Methode entwickelt, mit der sich genauer als bisher vorhersagen lässt, wie gut eine Therapie wirkt und wie die Prognose des Patienten ist. Das Prinzip wird schon lange bei Sportwetten genutzt.
Das Fußballspiel läuft schon, zwei Tore sind bereits gefallen. Auch während eines laufenden Spiels bieten Wettanbieter die Möglichkeit, eine Sportwette abzuschließen. In die Wettquote werden Aufstellung, Tore, gelbe oder rote Karten, Fittnesswerte einzelner Spielerinnen oder Spieler und viele weitere Parameter mit einbezogen. So lässt sich der Ausgang des Spiels präziser vorhersagen als nur aufgrund der Informationen, die vor dem Spiel zu Verfügung stehen.
Für einige Krebsarten lässt sich mit dem neuen Rechenverfahren deutlich besser vorhersagen, ob eine Krebstherapie wirkt. © sdecoret / AdobeStock
Dieses Vorgehen haben sich jetzt Krebsforscher zum Vorbild genommen. Sie haben ein dynamisches Berechnungsverfahren entwickelt, mit dem bei Krebspatienten überprüft werden soll, wie gut die Therapie wirkt und wie die Prognose der Betroffenen ist. Maßgeblich beteiligt an der Entwicklung dieses Algorithmus war Dr. Florian Scherer, Leiter der Forschungsgruppe „Liquid Biopsy“ an der Klinik für Innere Medizin I des Universitätsklinikums Freiburg. Entstanden ist das Verfahren an der Stanford University, USA, wo Scherer bis zum vergangenen Jahr tätig war. Für ihre Studie, die im Fachmagazin Cell veröffentlicht wurde, werteten die Forscher mehr als 2.500 Datensätze von Krebspatienten aus elf Studien aus.
„Das Besondere an dem neuen Berechnungsverfahren ist, dass, wie bei einer Live-Wette, Werte auch während der Therapie kontinuierlich einfließen; beispielsweise die Menge an Tumor-DNA im Blut und wie der Tumor in der Bildgebung auf die Behandlung anspricht“, erklärt Scherer. Bisher wurden entsprechende Berechnungen stets mit den Daten eines festen Zeitpunkts vor Einleitung der Therapie erstellt. Auf Grundlage dieses neuen Werts kann die Prognose eines Patienten präziser berechnet werden. Gleichzeitig können Ärzte besser entscheiden, bei welchem Patienten bereits früh eine aggressive Therapie angebracht sein könnte und bei wem eine Standardtherapie ausreichen sollte.
Gute Vorhersagewerte für Lymphdrüsenkrebs und Brustkrebs
Zunächst entwickelten und prüften die Forscher ihr Modell mit Daten von Patienten, die an einem diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom erkrankt waren, der häufigsten Form von Lymphdrüsenkrebs. Rund zwei Drittel der Betroffenen können mit geeigneten Therapien geheilt werden, doch bei einem Drittel versagen die Standardtherapien. „Bei diesen Patienten ist es extrem wichtig früh zu wissen, zu welcher Gruppe sie gehören. Dann kann man sie wesentlich gezielter und individueller behandeln“, so Scherer. Auch bei Brustkrebspatientinnen und Patienten mit chronisch lymphatischer Leukämie (CLL) zeigte das Modell gute Vorhersagewerte.
Mithilfe des neuen Algorithmus gelang es den Wissenschaftlern, die Überlebenswahrscheinlichkeit deutlich präziser zu berechnen als das mit den bisherigen Standardverfahren der Fall ist. Die Genauigkeit von Vorhersagemodellen wird mit Werten zwischen 0,5 und 1 dargestellt. Bei einem Wert von 0,5 ist die Voraussage des Therapieansprechens zufällig, wie wenn man eine Münze werfen würde. Bei einem Wert von 1 wird ist die Voraussage für jeden Patienten korrekt. „Bislang lagen die Modelle bei 0,6, also etwas besser als Zufall. Unser Modell schafft einen Wert von 0,8. Wie deutlich der Unterschied war, hat uns selbst überrascht. Das ist zwar auch nicht perfekt, aber wesentlich besser als bisher“, sagt Scherer.
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