Neue Entwicklungen in einer alten Disziplin
Radiologie(5.12.2018) Die Radiologie ist seit mehr als 100 Jahren ein Kernelement klinischer Medizin. Noch immer entwickelt sich das Fach rasant weiter. Der Ärztliche Direktor der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie spricht über Big Data, neue Therapien und Verantwortung.
Seit dem 1. Oktober 2018 leitet Professor Dr. Fabian Bamberg die Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Freiburg. Der 39-jährige Radiologe hat in Deutschland und den USA Medizin studiert. Im Anschluss arbeitete er am Massachusetts General Hospital der Harvard Universität in Boston sowie am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München. Zuletzt war er Stellvertretender Ärztlicher Direktor der Diagnostischen und Interventionellen Radiologie am Universitätsklinikum Tübingen.
Die radiologische Bildgebung ist bei der Wahl der Therapie oft mitentscheidend. © Britt Schilling / Universitätsklinikum Freiburg
Herr Professor Bamberg, die Radiologie hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Was sind die wichtigsten Veränderungen?
Die moderne Schnittbildgebung, wie Computertomographie und Magnetresonanztomographie liefert uns unglaublich detaillierte Informationen von krankhaften Prozessen und Funktionen, die wir vor einigen Jahren noch nicht darstellen konnten. Für die Patienten ist die Bildgebung gleichzeitig sehr viel angenehmer geworden: Die Röhren sind größer, die Aufnahmedauer kürzer und die Strahlenbelastung geringer.
Zusätzlich wurden in den letzten Jahren immer mehr interventionelle Verfahren entwickelt. Dabei werden Patienten mit Hilfe radiologischer Methoden minimalinvasiv behandelt. Das Spektrum reicht dabei von der Behandlung chronischer Entzündungen bis zur hoch-spezifischen lokalen Tumortherapie.
Bei der größten Bevölkerungsstudie in Deutschland, der NAKO Gesundheitsstudie, leiten Sie den Bereich MRT-Bildgebung. Welche Rolle spielt die Radiologie bei der Untersuchung von Volkskrankheiten wie Diabetes, Demenz und Herzerkrankungen?
Mit der Magnetresonanztomografie (MRT) haben wir einen einzigartigen Ansatz, um klinisch unauffällige Frühveränderungen zu erkennen. Dadurch lassen sich Risikokonstellationen im besten Fall erkennen, noch bevor die Krankheit ausbricht. Gleichzeitig können wir dank unserer radiologischen Einblicke andere Faktoren wie genetische Auffälligkeiten, besser verstehen.
Bei einem solchen Projekt entstehen riesige Datenmengen, Stichwort Big Data. Wie gehen Sie damit um?
Das stimmt. Im Rahmen der NAKO Gesundheitsstudie führen wir zum Beispiel bei 30.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine Ganzkörper-MRT durch. Das entspricht mehr als 6.000 Bilder pro Person und insgesamt rund 180 Millionen Bilder. Dabei ist eine hohe Datenqualität absolut notwendig. Hier erarbeiten wir gemeinsam mit führenden Epidemiologen in Deutschland passende Methoden, um die Qualität und Transparenz solcher Studien zu erhöhen.
Gleichzeitig muss die dahinterstehende IT-Technologie zur Datenbewertung weiter ausgebaut werden. Ein Beispiel: Wenn wir bei einer einzelnen Untersuchung mehrere hundert unterschiedliche Werte erfassen, können wir diese nicht alle von Hand bewerten, sondern brauchen intelligente IT-Systeme. Diese Projekte etablieren Standards, wie wir Techniken wie die Künstliche Intelligenz (KI) für radiologische Bilddaten nutzen können und welche Voraussetzungen für einen sinnvollen Einsatz gegeben sein müssen.
Wir sind auch dabei, diese neuen intelligenten IT-Systeme für die Diagnostik in unsere klinischen Abläufe zu integrieren. Das ist ein Prozess, aber ich bin davon überzeugt, dass wir dadurch noch schnellere und in bestimmten Fällen noch präzisere Diagnosen stellen können.
Welche medizinischen Schwerpunkte wollen Sie in nächster Zeit setzen?
An unserer Klinik wird eine Abteilung für Interventionelle Radiologie etabliert, mit eigener Professur, neuen Räumen und modernsten Geräten. Zudem wird eine Professur für kardiothorakale Bildgebung eingerichtet, um so auch im Universitäts-Herzzentrum Freiburg ·Bad Krozingen die Bildgebung des Herzens zu verbessern. Das ist ein sehr spannender Bereich, schließlich sind Herz-Kreislauferkrankungen die Todesursache Nummer Eins. Außerdem werden wir die onkologische Bildgebung weiter ausbauen und uns damit noch stärker ins Tumorzentrum Freiburg – CCCF einbringen.
Parallel dazu werden wir an der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie die Forschung vorantreiben, um unseren Patientinnen und Patienten immer die neuesten und besten Techniken zur Verfügung zu stellen. Wir haben also einiges zu tun.
Was begeistert Sie persönlich an der Radiologie?
Die Radiologie spielt in der Diagnostik und Behandlung von nahezu allen Krankheiten eine zentrale Rolle, sei es in der Notfallmedizin, in der Krebsdiagnostik oder in der Diagnostik der Koronaren Herzerkrankungen. Auf unseren Einschätzungen basiert oft die Entscheidung über eine Therapie. Das ist viel Verantwortung dem Patienten gegenüber und erfordert interdisziplinäre Zusammenarbeit.
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