THERAPIEN
Neurostimulation zur Epilepsiebehandlung
Epilepsien beruhen auf einer gesteigerten Erregbarkeit der Hirnrinde. Bereits seit den 90ziger Jahren wurde mit der Vagusnervstimulation ein Verfahren
zur Behandlung von Epilepsien eingeführt, das mittlerweile bei mehr als 150.000 Patienten eingesetzt wurde. 2011 kam die anteriore thalamische
Stimulation als weiteres Verfahren hinzu, 2022 die epikranielle Fokusstimulation. Alle Verfahren können bei fokalen Epilepsien eingesetzt werden, die
Vagusnervstimulation und spezielle andere Verfahren der tiefen Hirnstimulation auch bei generalisierten Epilepsien. Das Epilepsiezentrum Freiburg
hat sich an Studien zur Weiterentwicklung der Vagusnervstimulation, der Analyse von Ergebnissen der anterioren thalamischen Stimulation und der
Wirksamkeit der epicraniellen Fokusstimulation beteiligt und ist ein führendes deutsches Zentrum beim Einsatz von Neurostimulationsverfahren.
Hierbei besteht eine enge Kooperation mit der Abteilung Stereotaktische und Funktionelle Neurochirurgie (Direktor: Prof. Dr. V. Coenen).
Abb. 1 Ansatzpunkte der Stimulationsverfahren
Vagusnervstimulation (VNS)
Bei der Vagusnervstimulation wird der linke 10. Hirnnerv am Hals mittels einer Elektrode durch einem am Rumpf implantierten Pulsgenerator elektrisch gereizt. Üblicherweise erfolgen 30 Sekunden einer Reizung mit einer anschließenden Pause von 5 min, zusätzlich können vom Patienten oder automatisch anhand der Herzfrequenz Stimulationen ausgelöst werden. Studien zeigten eine mittlere Anfallsreduktion von 25-28% nach drei Behandlungsmonaten und eine weitere Zunahme der Effektivität im längeren Verlauf. Die Vagusnervstimulation wird in aller Regel gut vertragen, bei höheren Reizstärken spürt man die Reizung auch eines Astes zum Kehlkopf in Form einer leichten Heiserkeit. Die Vagusnervestimulation kann bei einem weiten Spektrum von Epilepsien eingesetzt werden.
Anteriore thalamische Stimulation (ANT-DBS)
Die Stimulation erfolgt beidseits über in die vorderen thalamischen Kerne implantierte Tiefenelektroden, von hier wird die Ausbreitung epileptischer Aktivität vor allem im limbischen System des Gehirns verhindert. In Studien zeigte sich eine Anfallsreduktion um 40% nach 3 Monaten und eine weitere Wirksamkeitszunahme im Langzeitverlauf. Die ANT-Stimulation wird nicht wahrgenommen, mögliche Nebenwirkungen bestehen in einer Verschlechterung der Stimmung oder des Gedächtnis. In Freiburg wird die ANT-Stimulation insbesondere bei beidseitigen Schläfenlappenepilepsien, zusätzlich in einer Studie bei hypothalamischen Hamartomen eingesetzt.
Epicranielle Fokus-Stimulation (FCS)
Die epicranielle Fokus-Stimulation ist ein neues, besonders wenig invasives Neurostimulationsverfahren und erfolgt über eine unter die Kopfhaut gelegte Elektrode, die über dem individuellen Fokusareal platziert wird. Es erfolgen Stimulationsn sowohl mit Hochfrequenzstimulation (AC) als auch mit Gleichstrom-ähnlicher Stimulation (DC). In zwei Studien zeigte sich nach 6 Monaten Behandlung eine mittlere Anfallsreduktion um mehr als 50%. Die Stimulationsintensität wird so gewählt, dass sie nicht wahrgenommen wird, bislang gab es keine Berichte über relevante Nebenwirkungen der Behandlung. In Freiburg wird das Verfahren insbesondere bei fokalen Epilepsien eingesetzt bei Patienten, bei denen ein epilepsiechirurgischer Eingriff mit Risiken behaftet wäre.
Das Epilepsiezentrum Freiburg ist aktiv in der Erforschung und Weiterentwicklung der Neurostimulationsverfahren. Hier finden Sie wissenschaftliche Publikationen des Zentrums zu diesem Thema:
Coenen VA, Jarc N, Hirsch M, Reinacher M, Steinhoff BJ, Bast T, Schulze-Bonhage A, Sajonz B. Preliminary surgical experience with a new implantable epicranial stimulation device for chronic focal cortex stimulation in drug-resistant epilepsy. Acta Neurochirurgica 2024, im Druck
Hirsch M, Coenen VA, Schulze-Bonhage A. Termination of seizures by ictal transcranial focal cortex stimulation. Epilepsia Open 2023;8:673-677.
Hirsch M, Schulze-Bonhage A. Wirksamkeit der iktalen Neurostimulation. Clin Epileptol 2023; 36:26–31
Imbach L, Kaufmann E, Schulze-Bonhage A. Vergleich der Wirksamkeit der anterioren thalamischen Stimulation in einer europäischen Registerstudie mit Zulassungsdaten. Clin Epileptol 2023; 36:18–25
Peltola J, Colon AJ, Pimentel J, Coenen VA, …Schulze-Bonhage A… Boon PAJM; MORE Study Group. Deep Brain Stimulation of the Anterior Nucleus of the Thalamus in Drug-Resistant Epilepsy in the MORE Multicenter Patient Registry. Neurology 2023; 100:e1852-e1865.
Schulze-Bonhage A. Brain stimulation as a neuromodulatory epilepsy therapy. Seizure 2017; 44:169-175
Schulze-Bonhage A. Long-term outcome in neurostimulation of epilepsy. Epilepsy Behav. 2019; 91:25-29.
Schulze-Bonhage A, Hirsch M, Knake S, Kaufmann E, Kegele J, Rademacher M, Vonck K, Coenen VA, Glaser M, Jenkner C, Winter Y, Groppa S; EASEE Study Group. Focal Cortex Stimulation With a Novel Implantable Device and Antiseizure Outcomes in 2 Prospective Multicenter Single-Arm Trials. JAMA Neurol. 2023;80:588-596
Schulze-Bonhage A. Intrakranielle und epikranielle Fokusstimulation: Konzepte und Zulassungsstatus. Clin Epileptol 2023; 36:5–10
Schulze-Bonhage A. Principles of neurostimulation. In: V. Rao (ed.) Neurostimulation for epilepsy. Academic Press, 2023, pp. 1-30
Schulze-Bonhage A. Epicranial focal cortex stimulation with the EASEE device. In: V. Rao (ed.) Neurostimulation for epilepsy. Academic Press, 2023, pp. 161-174
Schulze-Bonhage A, Nitsche M, Rotter S, Fokke N, Rao V. Neurostimulation targeting the epileptic focus: current understanding and perspectives for treatment. Seizure 2024, im Druck
Simpson HD, Schulze-Bonhage A, Cascino GD, Fisher RS, Jobst BC, Sperling MR, Lundstrom BN. Practical considerations in epilepsy neurostimulation. Epilepsia 2022;63:2445-2460.
Starnes K, Schulze-Bonhage A, Lundstrom B. Noninvasive brain stimulation for epilepsy. In: V. Rao (ed.) Neurostimulation for epilepsy. Academic Press, 2023, pp. 175-194
Abteilung Prächirurgische Epilepsiediagnostik
Ärztlicher Leiter:
Prof. Dr. Schulze-Bonhage
Breisacher Str. 64
D-79106 Freiburg
Telefon: 0761 270 53660
Telefax: 0761 270 50030
E-Mail: epilepsiezentrum@uniklinik-freiburg.de