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Tuberkulose – Gefahr durch resistente Erreger

Infektiologie

Am 24. März war der Welttuberkulosetag. Der Jahrestag soll dazu dienen, die Erinnerung an die gefährliche Infektionskrankheit in der Öffentlichkeit wach zuhalten und über die sogenannte „Weiße Pest“ aufzuklären, die nach wie vor zu den gefährlichsten und tödlichsten Erkrankungen weltweit zählt. Prof. Dr. Dirk Wagner, Oberarzt in der Abteilung Infektiologie am Universitätsklinikum Freiburg, bewertet die aktuelle Situation wie folgt: „Deutschland ist zwar nicht akut Tuberkulose gefährdet, eine ernst zunehmende Bedrohung stellt die Infektionskrankheit aber trotzdem dar.“

Im Jahr 2012 erkrankten laut Robert Koch-Institut 4.220 Menschen in Deutschland an Tuberkulose (4.317 im Jahr 2011), wovon 146 Menschen an den Folgen der Infektion starben. Wie viele Menschen sich in einem Jahr tatsächlich anstecken, ist aber unklar. „Die aktuell veröffentlichten Zahlen zeigen im Vergleich zu den letzten Jahren eine weiterhin abnehmende Tendenz“, so Prof. Wagner. „Man geht jedoch davon aus, dass ein großer Teil der Weltbevölkerung infiziert ist – die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht sogar von einem Drittel. Damit besteht ein großes Reservoir an Menschen, die prinzipiell an Tuberkulose erkranken können“, bewertet Prof. Wagner die aktuelle Lage und sagt, dass der Tuberkuloseerreger so erfolgreich sei, weil sich die Mykobakterien seit vielen Jahren an den Menschen angepasst haben – eine Art Ko-Evolution von Mensch und Mykobakterien.

„Außerdem ist die Verbreitung der multiresistenten Tuberkulose (MDR-TB), bei der die wesentlichen Medikamente Isoniazid und Rifampicin nicht wirken, eine große Herausforderung“, sagt Prof. Wagner und verweist darauf, dass die Zahl der an MDR-TB Erkrankten in Deutschland im Vergleich zu den letzten fünf Jahren geringfügig angestiegen ist. „Problematisch ist – mittelfristig aufgrund der zunehmenden Mobilität auch für Deutschland – die Verbreitung der multiresistenten Tuberkulose.“ So ist der Anteil der MDR-TB-Infizierten in den Ländern der früheren Sowjetunion, in der nach deren Zerfall die Menschen nicht mit allen Medikamenten und nicht ausreichend lange behandelt wurden, dramatisch. Aber auch in Indien oder China, Länder mit einem nicht so gut etablierten Gesundheitssystem, gibt es eine erschreckend hohe Anzahl von Menschen mit Erregern, die mit den herkömmlichen Medikamenten nicht behandelbar sind. Anlass zur Hoffnung geben allerdings die neu entwickelten Medikamente Bedaquiline und Delaminid, die ersten Medikamente, die für die Behandlung der Tuberkulose seit über 40 Jahren zugelassen wurden und die resistenten Erreger bekämpfen.

Tuberkulose ist eine Tröpfcheninfektion, das heißt, sie wird über die Luft mittels ausgehusteter Tröpfchen auf andere Menschen übertragen. Das Bakterium befällt im Verlauf der Infektion vor allem die Lunge. „Tuberkulose ist eine chronische, langsam voranschreitende Erkrankung, die mit unspezifischen Symptomen wie Husten, Fieber und einer Störung des Allgemeinbefindens beginnt“, so der Experte. Er rät dazu, jeden Husten, der über zwei bis drei Wochen andauert, radiologisch untersuchen zu lassen. In Deutschland sind 50 Prozent der Tuberkulose-Infizierten im Ausland geboren, wo Tuberkulose noch weiter verbreitet ist. Prof. Wagner warnt aber vor allzu schnellen Schlüssen: „Es ist ein gefährliches Vorurteil zu denken, dass Tuberkulose nur durch Ausländer nach Deutschland importiert wird. Immerhin ist die Hälfte aller Erkrankten in Deutschland geboren.“ In Deutschland konzentrieren sich die Krankheitsfälle oft auf Großstädte. So melden Berlin, Hamburg und Bremen die meisten Neuerkrankungen pro Einwohner.


Prof. Dr. Dirk Wagner ist seit 2003 Oberarzt in der Abteilung Infektiologie am Universitätsklinikum Freiburg. Die Erforschung und Behandlung der Tuberkulose und von Infektionserkrankungen, die durch andere nicht-tuberkulöse Mykobakterien verursacht werden, stellen einen Schwerpunkt seiner Arbeit dar. Er ist Mitglied des Steering-Committees des Europäischen Netzwerks zur Erforschung des Tuberkulose (TBnet) und leitet das weltweite Netzwerk zur Erforschung Nicht-tuberkulöser Maykobakterien (NTM-NET).

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