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Keine Panik bei Vergiftungen

Gesundheits-Tipps

Egal ob Kind oder Erwachsener: Bei Verdacht auf Vergiftung ist es am wichtigsten, Ruhe zu bewahren und einen Arzt zu kontaktieren. © africa studio / fotolia.de

(10.04.2017) Die roten Beeren waren so verlockend für das junge Mädchen, dass es sie probieren musste. Was dann passierte, ist den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Vergiftungs-Informations-Zentrale am Universitätsklinikum Freiburg nur allzu gut bekannt. Die Mutter versuchte durch die Reizung mit ihrem Finger, einen Brechreiz auszulösen. Dabei verletzte sie aber den Rachen, so dass es zu einer Blutung kam. Außerdem wurde der Vagus-Nerv hinter der Gaumenwand durch diese mechanische Stimulation derart gereizt, dass das Kind kurz bewusstlos wurde.

„Der Fall zeigt beispielhaft, dass ein übereiltes oder falsches Handeln gefährlicher sein kann als die eigentliche Vergiftung“, berichtet Dr. Maren Hermanns-Clausen, Leiterin der Vergiftungs-Informationszentrale am Universitätsklinikum Freiburg. Denn die Beere, die das Mädchen verschluckt hatte, war völlig harmlos und nach einer kurzen Behandlung im Krankenhaus konnte sie wieder nach Hause gehen.

Was tun bei Vergiftungen?

„Das wichtigste bei einer Vergiftung ist, wie in allen Notfällen, die Ruhe zu bewahren“, so Hermanns-Clausen, die mit ihren Kollegen im vergangenen Jahr über 25.000 telefonische Vergiftungs-Anfragen zu bearbeiten hatte. Gerade wenn Kinder eine giftige Substanz oder Pflanzen verschlucken, geraten die Eltern oft in Panik und reagieren falsch.

Nach dem Verschlucken einer giftigen Substanz sollte maximal ein Glas Wasser ohne Kohlensäure, verdünnter Saft oder Tee getrunken werden. Auch die Vorstellung, das Gift möglichst schnell durch Erbrechen wieder aus dem Körper zu befördern ist falsch: „Es sollte auf keinen Fall Erbrechen ausgelöst werden, denn ätzende Substanzen können die Speiseröhre dann erneut schädigen. Außerdem können die Stoffe so noch leichter in die Atemwege gelangen und dort die Lunge schädigen.“

Weiter rät Dr. Hermanns-Clausen, kein Kochsalz einzunehmen, da dadurch selbst eine Vergiftung ausgelöst werden kann. Auch das Trinken von Milch hilft mehr dem Gift als dem eigenen Körper: Durch den Fettgehalt der Milch wird unter Umständen die Aufnahme noch verstärkt.

Gefahrenquellen ausschließen

Seit fast 50 Jahren ist die Vergiftungs-Informations-Zentrale dem Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Freiburg angeschlossen und seit mehr als 15 Jahren für ganz Baden-Württemberg zuständig. Bei der Mehrheit der Anrufe handelt es sich um Vergiftungsfälle von Kindern bis zum fünften Lebensjahr. Kinder bis zum 15. Lebensjahr vergiften sich am meisten mit Haushaltprodukten. „Am häufigsten werden von Kindern aus Neugier Reiniger geschluckt, insbesondere Maschinen- und Handgeschirrspülmittel“, erzählt Dr. Hermanns-Clausen.

Medikamente führen ebenfalls häufiger zu Vergiftungen, aber auch Pflanzen jeder Art ziehen vor allem kleine Kinder magisch an: Über 80 Prozent der Vergiftungsfälle mit Pflanzen im Kindesalter verursachten die Ein- bis Vierjährigen. Dabei bevorzugen die Kinder vor allem Pflanzen mit bunten Beeren wie Kirschlorbeer, Eibe, Liguster oder Physalis. Bei den Zimmerpflanzen führt der Ficus benjamina die Liste der am häufigsten verschluckten Pflanzen an.

Aber auch Erwachsene vergiften sich mit Pflanzen: Gerade jetzt im Frühling gehen viele auf die Suche nach wildem Bärlauch, um ihn für einen schmackhaften Salat oder als Gewürzmittel zu verarbeiten. „Das Problem ist, dass die Bärlauchblätter mit Blättern der Herbstzeitlose und mit Blättern des Maiglöckchens verwechselt werden können und diese äußerst giftig sind“, warnt Hermanns-Clausen. Die Website der Vergiftungs-Informations-Zentrale informiert anhand von Fotos ausführlich über gefährliche Pflanzen und deren ungefährliche Verwandte.

Die Vergiftungs-Informations-Zentrale Freiburg erreichen Sie rund um die Uhr unter der Nummer: 0761/ 192 40 Die Beratung ist kostenlos und erfolgt durch speziell ausgebildete Ärztinnen und Ärzte.

(JF)

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