Sepsis: Oft unterschätzt, schnell lebensgefährlich
Intensivmedizin(08.09.2017) Sie kann innerhalb weniger Stunden tödlich verlaufen und ist die dritthäufigste Todesursache in Deutschland: die Sepsis, auch Blutvergiftung genannt. Auf welche Alarmzeichen man achten sollte, erklärt ein Intensivmediziner.
Eine Lungen- oder Harnwegsentzündung, eine infizierte Wunde, ein eitriger Zahn: die Ursachen für eine Sepsis sind vielfältig. Rund 280.000 Menschen erkranken jährlich in Deutschland an dieser fatalen Infektion, bei etwa 60.000 Menschen endet die Krankheit tödlich. „Eine Sepsis ist immer ein Notfall. Darum sollte bei entsprechendem Verdacht sofort ein Arzt konsultiert werden“, betont Dr. Johannes Kalbhenn, Geschäftsführender Oberarzt Intensivtherapie der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin des Universitätsklinikums Freiburg.
Mit Blutuntersuchungen können die Ärzte herausfinden, welcher Erreger die Sepsis ausgelöst hat – und dann gezielt dagegen behandeln. © Britt Schilling / Universitätsklinikum Freiburg
Besonders gefährdet sind Menschen mit geschwächtem Immunsystem, wie Frühgeborene, Diabetes- oder Krebskranke, sowie Patienten unmittelbar nach einer Operation. Um das Risiko einer Sepsis zu verringern, sollten diese Menschen besonders gut darauf achten, Wunden sorgfältig zu desinfizieren und schlecht heilende Wunden regelmäßig ärztlich kontrollieren zu lassen. „Um eine sogenannte Katheter-assoziierte Sepsis in der Klinik zu vermeiden, verzichten wir auf der Intensivstation wo immer möglich auf Gefäß- und Blasenkatheter“, erklärt Dr. Kalbhenn.
Übersteigerte Immunreaktion auf eine Infektion
Denn ausgelöst wird eine Sepsis durch eine meist bakterielle Infektion. Schafft es der Körper nicht, die Erreger am Entzündungsort erfolgreich zu bekämpfen, können die irgendwann in großer Zahl in den Blutkreislauf eindringen und es kommt zu einer generalisierten Infektion. Der Körper wird sozusagen mit den Krankheitserregern und den von ihnen gebildeten Giftstoffen geflutet, wodurch das Immunsystem sehr stark aktiviert wird. „Die Sepsis ist physiologisch und biochemisch Ausdruck einer übersteigerten Immunreaktion des Patienten auf eine Infektion. Den Infektionsherd müssen wir schnell identifizieren und gezielt behandeln, um den Patienten zu retten“, sagt der Intensivmediziner.
Vielfältige Warnsignale
Eine Sepsis kann sich durch eine Reihe von Symptomen bemerkbar machen: Fieber, Unwohlsein, Schüttelfrost, sehr niedriger Blutdruck, hoher Puls und eine schnelle, flache Atmung sind typische Anzeichen. Unbehandelt sinkt der Blutdruck so stark, dass lebenswichtige Organe wie Herz, Lunge und Gehirn nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden. Das kann sich in Verwirrtheit und einer gestörten Nierenfunktion äußern. Sind mehrere Organe betroffen, spricht man von Multiorganversagen. „Ein solcher Zustand ist akut lebensbedrohlich und muss schnellstmöglich auf einer Intensivstation behandelt werden“, sagt Dr. Kalbhenn.
Therapie an vielen Stellen gleichzeitig
Unter anderem durch Blutuntersuchungen identifizieren die Ärzte die verursachenden Mikroorganismen. Dieser wird dann mit möglichst passenden Antibiotika behandelt – eine immer schwierigere Aufgabe in Zeiten fortschreitender Antibiotika-Resistenzen. Außerdem verabreichen die Ärzte über eine Infusion Flüssigkeit und Medikamente, um den Blutdruck zu stabilisieren und weitere Organfehlfunktionen zu vermeiden. Organersatztherapien kommen zum Einsatz, wenn die Nieren ausgefallen sind, Blutwäsche oder Dialyse genannt. Sauerstoff oder eine künstliche Beatmung werden dann notwendig, wenn der Patient durch ein Atemversagen bedroht ist. Gleichzeitig versuchen die Ärzte, den Infektionsherd zu entfernen oder zu reinigen. Dies kann durch das Öffnen und Spülen von Wunden oder von Zahnimplantaten geschehen oder indem infiziertes Gewebe chirurgisch entfernt wird.
Roter Strich als Warnzeichen?
Weit verbreitet ist die Annahme, dass ein roter Streifen, der Richtung Herz aufsteigt, eine Blutvergiftung anzeigt und tödlich ist, wenn er das Herz erreicht. Pauschal gilt das nicht. „Der rote Streifen deutet eine Entzündung der Lymphgefäße an. Die muss nicht, kann sich aber zu einer Sepsis weiterentwickeln. Darum sollten sich Betroffene schnellstmöglich ärztlich behandeln lassen“, sagt Dr. Kalbhenn.
Weitere Forschung dringend nötig
Seit vielen Jahren wird auf dem Gebiet der Sepsis-Behandlung intensiv geforscht, auch am Universitätsklinikum Freiburg. Dabei werden neben neuen Antibiotika auch Medikamente und Filter getestet, die die überschießende Immunantwort der Sepsis-Patienten kontrollieren sollen. Bisher handelt es sich hierbei aber um experimentelle Behandlungsmethoden.
„Grundsätzlich lässt sich sagen: Eine rasche Diagnosestellung, konsequente Keimidentifikation sowie die Antibiotikatherapie und Säuberung der Infektionsquelle sind für die Sepsis-Therapie unverzichtbar“, fasst Dr. Kalbhenn zusammen.
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