Schaufensterkrankheit - Was tun bei Durchblutungsstörungen?
Kardiologie und Angiologie(08.10.2024) Jede*r dritte Deutsche über 40 Jahren leidet an arteriellen Durchblutungsstörungen – häufig verursacht durch verkalkte Gefäße. Dabei gehört die sogenannte Schaufensterkrankheit zu den häufigsten Erkrankungen unserer Zeit. Ein Gefäßexperte erklärt.
Während die Folgeerkrankungen Herzinfarkt und Schlaganfall in der Bevölkerung weithin bekannt sind, ist die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) in den unteren Körperregionen die unbekannte Stiefschwester. „Bei der sogenannten Schaufensterkrankheit handelt es sich um Durchblutungsstörungen der Becken- und Beinarterien“, sagt Prof. Dr. Thomas Zeller, Sektionsleiter des Interdisziplinären Gefäßzentrums der Klinik für Kardiologie und Angiologie des Universitätsklinikums Freiburg. „Die betroffenen Patient*innen leiden zunehmend unter Muskelschmerzen in den Beinen – meist der Waden – und ihre Mobilität ist zum Teil enorm eingeschränkt.“
Zur Basisdiagnostik der pAVK gehört die Messung des Blutdrucks an den Armen und an den Knöcheln. © Britt Schilling/Universitätsklinikum Freiburg
Woher stammt der Name Schaufensterkrankheit?
Bei der Krankheit lagern sich Kalk, Fett- und Eiweißbestandteile sowie Bindegewebe an den Innenwänden der Gefäße ab. Die Folge: Sie verstopfen. Weil nicht ausreichend Blut durch die Gefäße zur Muskulatur fließen kann, haben die Betroffenen enorme Probleme beim Gehen. Typisch dafür ist, dass sie aufgrund der krampfartigen Schmerzen in Beinen und Füßen alle paar Meter wie bei einem Schaufensterbummel stehenbleiben müssen. Das brachte der Krankheit pAVK den Beinamen „Schaufensterkrankheit“ ein. Bekannt ist die Erkrankung auch als „Raucherbein“, da die meisten betroffenen Patient*innen rauchen oder unter der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) leiden.
Hohes Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt
Nach Schätzungen der Deutschen Herzstiftung sind etwa drei bis zehn Prozent der deutschen Bevölkerung von der pAVK betroffen. „Die Krankheit ist deshalb ernstzunehmen, weil sie im fortgeschrittenen Stadium schlimmstenfalls zum Verlust der Extremität, also zur Beinamputation führen kann“, warnt Gefäßexperte Zeller. Zusätzlich besteht für die Betroffenen ein hohes Risiko für einen Schlaganfall und Herzinfarkt, da sich die Arterienverkalkungen nicht nur auf die Beine beschränken, sondern das gesamte Gefäßsystem betreffen.
Wer ist von pAVK besonders betroffen?
Die Krankheit nimmt im Alter deutlich zu. „Bei den über 70-Jährigen weist fast jede*r Fünfte Durchblutungsstörungen in den Beinen auf“, sagt Zeller. Besonders gefährdet sind wie bereits erwähnt Raucher*innen und Diabetiker*innen. Männer sind in jüngeren Altersgruppen häufiger betroffen als Frauen. In höheren Altersstufen ab dem 75. Lebensjahr sind Frauen häufiger betroffen. Tückisch an der „Schaufensterkrankheit“ ist vor allem, dass die Gefäßverkalkung nicht nur die Beine betrifft, sondern den gesamten Organismus. Untersuchungen haben ergeben, dass viele Patient*innen mit einer pAVK zugleich eine koronare Herzkrankheit haben. Bei manchen sind außerdem die Halsschlagader oder die Nierenarterien verengt.
Wie lässt sich die Schaufensterkrankheit medizinisch feststellen?
Viele Betroffene wissen oftmals nicht, dass sie an einer pAVK leiden. Um sie medizinisch festzustellen, erfolgen die meisten Untersuchungen normalerweise in einer hausärztlichen Praxis mit Ultraschallgeräten. „Zur Basisdiagnostik gehört die Messung des Blutdrucks an den Armen und an den Knöcheln“, erklärt Zeller. Daraus wird der Knöchel-Arm-Index – auf Englisch Ankle-Brachial-Index, ABI – bestimmt. Besteht aufgrund der Befunde der Verdacht auf eine pAVK, empfiehlt es sich, eine*n Gefäßspezialist*in aufzusuchen. „In weiteren Untersuchungen können wir in der Klinik zum Beispiel mit der Duplexsonografie (Ultraschall) die Diagnose bestätigen oder ausschließen und die bestmögliche Behandlungsstrategie vorschlagen.“
So wird die pAVK behandelt
Wenn die Krankheit so weit fortgeschritten ist, dass Patient*innen vor Schmerzen kaum mehr laufen können – bleibt dann nur noch der chirurgische operative Eingriff? „Nein“, sagt Zeller. „Mittlerweile können die meisten Patient*innen mit einer Durchblutungsstörung der Beine im Rahmen einer Katheteruntersuchung behandelt werden. Diese Eingriffe sind sehr sicher und effektiv. Die Komplikationsrate ist gering und die Patient*innen sind bereits am nächsten Tag wieder mobil.“ Ein weiterer Vorteil dieser Behandlung ist der relativ kurze Krankenhausaufenthalt von zwei bis drei Tagen. Auf einen gefäßchirurgischen Eingriff wird meist nur bei sehr komplexen Gefäßveränderungen zurückgegriffen oder wenn die Katheteruntersuchung nicht möglich ist.
Risikofaktoren verringern und Lebensgewohnheiten ändern
Die Notwendigkeit der invasiven katheterbasierten oder operativen Therapie kann jedoch durch Behandlung und Vermeidung der Risikofaktoren der Gefäßablagerungen minimiert werden. Allgemein spielen eine ausgewogene Ernährung und regelmäßiger Sport eine ganz zentrale Rolle, um der Krankheit vorzubeugen oder sie nicht zu verschlimmern. Bei Patient*innen mit kardiovaskulären Risikofaktoren wie Diabetes mellitus, Bluthochdruck oder hohen Blutfettspiegeln (Cholesterin) muss die medikamentöse Therapie engmaschig kontrolliert und gegebenenfalls stetig optimiert werden. Auf Nikotin muss vollständig verzichtet werden, empfiehlt Zeller. Für Raucher*innen wird ein Präventionsprogramm am Universitätsklinikum Freiburg angeboten.
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