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Eine Forensic Nurse schaut hin

Pflege und Frauenheilkunde

(29.10.2024) Auch im Klinikalltag kann es zu Kontakten mit von Gewalt betroffenen Patient*innen kommen. Am Universitätsklinikum Freiburg soll ein Hilfsnetzwerk entstehen.

Schon von Berufs wegen ist Ellen Asal stets mit einem wachen Blick auf den Fluren der Klinik für Frauenheilkunde im Universitätsklinikum Freiburg unterwegs. Als ausgebildete Hebamme hat sie ein besonderes Auge auf die werdenden Eltern. In ihrer neuen Funktion als Forensic Nurse gilt für sie nun ganz besonders „hinschauen, wahrnehmen, handeln“, wenn sie im Arbeitsalltag großen und kleinen Patient*innen begegnet, die von Gewalt betroffen sein könnten oder es bereits sind.

Bei Anzeichen von körperlicher, sexualisierter oder häuslicher Gewalt schauen Forensic Nurses genau hin, um die Betroffenen zu schützen und die Gewaltspirale zu durchbrechen. Foto: Universitätsklinikum Freiburg/KI

Eine noch unbekannte Ausbildung in Deutschland

„Es war mir schon immer ein Anliegen, mich um Menschen zu kümmern, die von körperlicher, sexualisierter oder häuslicher Gewalt betroffen sind“, sagt Asal. Sie war bereits Zeugin in Strafprozessen und kennt sich seit langem bestens vor allem mit der Problematik von Frauen und Kindern in Gewaltkontexten aus. Im Kinderschutzzentrum der Kinder- und Jugendklinik des Universitätsklinikums Freiburg fiel ihr dann ein Flyer ins Auge, der für die Ausbildung zur Forensic Nurse warb. 2023 bekam sie einen Platz in Zürich und schloss dort im Juli 2024 mit einem „Certificate of Advances Studies“ ab.

Spuren von Gewalt schützen und sichern

In der Schweiz ist das Berufsbild einer Forensic Nurse längst etabliert. In Deutschland ist es dagegen noch nicht üblich, dass eine Pflegefachperson oder Hebamme spezialisiertes rechtsmedizinisches Wissen hat und in Notfällen den Betroffenen als Erstkontakt beratend zur Seite stehen kann. In ihrer Ausbildung zur Forensic Nurse hat Asal zum Beispiel auch gelernt, wie sie – ohne kriminalistisch tätig zu sein – Spuren von Gewalt schützen und sichern kann. Wichtig ist ihr ein objektiver Blick, um Fakten festzumachen und nicht bei wertenden Gefühlen stehenzubleiben. „Ich darf nicht zu schnell urteilen, obwohl ich – noch – nichts weiß.“ Als Beispiel nennt sie die Mutter, die ihr schwerkrankes Kind im Raum alleine lässt, um draußen zu rauchen. Das will sie nicht sofort werten, sondern muss sich erst ein Bild machen, ob es sich vielleicht um eine Kindeswohlgefährdung handeln könnte.

Lotsin und Expertin

„Ich sehe mich als klinische Expertin mit Lotsenfunktion“, sagt Asal. In der Klinik für Frauenheilkunde ist es bereits üblich, dass bei Anzeichen sexualisierter Gewalt ein Teammitglied von der Freiburger Fachberatungsstelle Frauenhorizonte hinzuzogen wird. Zum Beispiel werden die Frauen beraten, wenn sich ihnen die Frage stellt, ob sie eine Anzeige gegen einen gewalttätigen Partner stellen möchten. Auch Männer, die Gewalt erfahren, bekommen Hilfe. Sie können sich an die Freiburger Interventionsstelle für häusliche Gewalt (FRIG) wenden. „Ich bin aber auch Ansprechperson für Kolleg*innen und möchte mein Wissen breit streuen“, sagt Asal, die aktuell als Trainee der Pflegedienstleitung längst vertraute Vorgänge in der Klinik neu unter die Lupe nimmt. „In allen Bereichen soll es künftig Leute geben, die wissen, wie sie mit einer Gewalterfahrung umgehen können und wohin sie oder die Betroffenen sich wenden können.“

Netzwerk für Akteur*innen

Unter dem Motto „Wissen schafft Handlungssicherheit“ hat sich Ellen Asal nun mit vielen Akteur*innen im Freiburger Raum vernetzt, um mit ihnen erstmalig bei einer internen Veranstaltung des Universitätsklinikums gemeinsam zu diskutieren, wie von Gewalt Betroffene im Klinikalltag unterstützt werden können. 

Spuren körperlicher Gewalt gerichtsfest dokumentieren lassen

Wer Gewalterfahrungen rechtssicher dokumentieren lassen möchte, kann sich direkt an die für Baden-Württemberg zuständige Untersuchungsstelle für Gewaltbetroffene (USG) am Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Freiburg wenden. Die USG kann von jeder Person, die von körperlicher Gewalt betroffen ist, aufgesucht werden. Eine telefonische Terminabsprache ist unter der Rufnummer 0761 203-6850 möglich. Schwerpunkt des Leistungsangebots der USG ist die gerichtsfeste Dokumentation von äußerlich sichtbaren Gewaltfolgen am Körper. Grundsätzlich ist eine Dokumentation sinnvoll, solange Verletzungen beziehungsweise Veränderungen noch sichtbar sind. Sollten ärztliche Befunde über eine Akutversorgung vorliegen, so ist es hilfreich, wenn diese Dokumente zur Untersuchung mitgebracht werden.

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