Zu den Inhalten springen

Woher stammt die Impfskepsis?

Infektiologie

(06.09.2018) Impfstoffe schützen zuverlässig vor sehr gefährlichen Infektionskrankheiten. Trotzdem wird ihr Nutzen immer wieder in Zweifel gezogen. Warum das so ist und wie Impfungen wirken, erklärt ein Kinderinfektiologe.

Impfungen bieten einen wirksamen Schutz gegen Masern, Keuchhusten und eine Reihe anderer sehr gefährlicher Infektionskrankheiten. Trotzdem entscheiden sich manche Eltern bewusst gegen die Immunisierung, weil sie vermeintliche Negativ-Effekte fürchten.

Welche Gründe manche Eltern von einer Impfung abhalten und was davon zu halten ist, erklärt Prof. Dr. Philipp Henneke, Leiter der Sektion Pädiatrische Infektiologie und Rheumatologie des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Freiburg.

Impfungen sind so etwas wie ein Notfall-Training für den Körper. © VRD / Fotolia

Herr Professor Henneke, warum empfehlen Sie das Impfen?
Impfungen zählen zu den größten Errungenschaften der modernen Medizin, weil sie zuverlässig vor einigen der gefährlichsten Infektionskrankheiten schützen. Sie sollten so selbstverständlich sein wie die Wund-Desinfektion oder steriles Operations-Besteck.  

Warum möchten manche Eltern ihre Kinder nicht impfen lassen?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat fünf Hauptgründe für das Nicht-Impfen ausfindig gemacht.  

(1) Viele der Eltern haben mangelndes Vertrauen in die Sicherheit und Wirksamkeit von Impfungen. Dann werden selbst Empfehlungen anerkannter Einrichtungen wie die des Robert-Koch-Instituts nicht akzeptiert.

(2) Das Krankheitsrisiko wird als niedrig empfunden. Viele schwere Infektionskrankheiten wie Masern oder Keuchhusten sind in Deutschland stark zurückgedrängt. Darum haben nur noch wenige Menschen persönliche Erfahrungen mit den schlimmen Folgen, die sie haben können. Das ist natürlich etwas paradox, denn die Sicherheit kommt gerade daher, dass sehr viele Menschen geimpft sind. Wir nennen das Herdenschutz und der ist gerade für Menschen wichtig, die nicht geimpft werden können, etwa Säuglinge oder Menschen mit Immunschwäche.  

(3) Diesen Herdenschutz bewusst auszunutzen und darum auf das Impfen zu verzichten, kann auch ein Grund für mangelnde Impfbereitschaft sein. Nach dem Motto: Sollen sich doch die anderen impfen lassen, dann bin auch ich geschützt.  

(4) In manchen Fällen führt auch ein besonders hohes Bedürfnis an Informationen dazu, dass viele Informationsquellen gleichwertig nebeneinander betrachtet werden. Die Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) wird dann neben die Meinung eines einzelnen Arztes gestellt. Weil Menschen grundsätzlich dazu neigen, Informationen Glauben zu schenken, die in das eigene Weltbild passen, werden Aussagen von Impfskeptikern als gleichwertig betrachtet.  

(5) Manchmal sind es auch alltägliche Hindernisse. Die Eltern haben wenig Zeit oder wollen den Stress beim Arzt vermeiden. Impfen wird als eher unwichtig empfunden. Hier haben wir wieder eine paradoxe Situation: Regelmäßig werden Spenden für Masern-Impfungen in Entwicklungsländern gesammelt. Die Menschen dort nehmen zum Teil tagelange Wege auf sich, während in Deutschland manchen der 20-minütige Arztbesuch zu aufwändig scheint. Das führt dazu, dass es uns seit Jahren nicht gelingt, Masern auszurotten.  

Was antworten Sie Eltern, die zum Beispiel eine Masernimpfung verweigern?
Die Eltern setzen ihr Kind einem nicht kalkulierbaren Risiko aus. Im schlimmsten Fall erleiden Kinder durch eine Maserninfektion schwere, irreversible Hirnschäden.  

Wie wirken Impfungen denn?
Impfungen sind so etwas wie ein Notfall-Training für den Körper. Er kann sich auf gefährliche Erreger vorbereiten, ohne Schaden zu nehmen. Diese Immunantwort merkt sich der Körper und kann bei einer echten Infektion schnell und wirksam reagieren. Dass eine Impfung wirklich wie ein Training ist, merkt man auch daran, dass nach der Impfung manchmal leichtes Fieber oder Unwohlsein auftreten. Aber das vergeht in der Regel schnell.  

Weitere Informationen:
www.rki.de/impfen Übersichtsseite des Robert-Koch-Instituts zum Thema Impfen

Weitere interessante Artikel:

Antibiotika-Einnahme: Kürzer und komplizierter

Vor 90 Jahren, am 28. September 1928, wurde die antibakterielle Wirkung von Penicillin entdeckt. Seither sind Antibiotika aus der Medizin nicht wegzudenken. Doch die Regeln zur Einnahme haben sich deutlich geändert.

Was wurde aus Zika, Ebola und Co?

Im Jahr 2015 hielt der Ebola-Ausbruch die Welt in Atem, 2016 war es die Zika-Epidemie und 2017 ein Pestausbruch auf Madagaskar. Wie groß ist die Gefahr heute für Urlauber? Ein Infektiologe des Universitätsklinikums Freiburg klärt auf.

Universitätsklinikum Freiburg

Zentrale Information
Telefon: 0761 270-0
info@uniklinik-freiburg.de    

 

Unternehmenskommunikation

Breisacher Straße 153
79110 Freiburg
Telefon: 0761 270-84830
kommunikation@uniklinik-freiburg.de