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Leistenbrüche mit Netz sicher operieren

Chirurgie

(30.08.2018) Die Operation von Leistenbrüchen ist einer der häufigsten chirurgischen Eingriffe in Deutschland. Ein Experte des Universitätsklinikums Freiburg erklärt, wie man den Bruch rechtzeitig erkennt, und räumt mit einem alten Mythos auf.

Am Anfang spürt Peter H. nur leichte Schmerzen und ein Ziehen im Bauch. Einige Tage später bemerkt er im Stehen eine Schwellung in der Leistengegend, die im Liegen wieder verschwindet. Der Hausarzt diagnostiziert sofort einen Leistenbruch, auch Hernie genannt, und überweist ihn an das Universitätsklinikum Freiburg. „Im Allgemeinen ist eine Hernie ist eine Vorwölbung von Eingeweiden, etwa des Darms, durch einen Defekt der Bauchwand“, sagt der Chirurg Dr. Philipp Holzner, Facharzt an der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie des Universitätsklinikums Freiburg.

Werden bei einem Leistenbruch Eingeweide wie der Darm eingeklemmt, ist das ein chirurgischer Notfall. ©draganagordic /fotolia

Eine Leistenhernie tritt durch den sogenannten äußeren Leistenring hervor und kann dann gesehen und getastet werden. In seltenen Fällen werden die Eingeweide dabei so eingeklemmt, dass sie sich nicht mehr von alleine zurückschieben können. Das ist dann mit zunehmenden Schmerzen und zum Teil mit Erbrechen verbunden. „Eine solche Inkarzeration stellt einen operationspflichtigen chirurgischen Notfall dar. Betroffene sollten sich unmittelbar in einer Chirurgischen Ambulanz vorstellen“, sagt Dr. Holzner.

Männer sind zehnmal häufiger betroffen

Hernien können an natürlichen Schwachstellen der Bauchdecke oder nach Bauchoperationen im Narbenbereich auftreten. Am häufigsten kommen sie aber in der Leistenregion vor. Rund 275.000 Mal wird die Operation pro Jahr in Deutschland durchgeführt. Männer haben etwa zehn Mal häufiger eine Leistenhernie als Frauen. Neben Leistenhernien treten häufig Narben- und Nabelbrüche auf. Darüber hinaus gibt es weitere seltene Hernien der Bauchwand.

Wie entsteht eine Hernie?

„Ein Bruch entsteht meist durch eine Schwäche der Bauchwand insbesondere im Bereich von angeborenen Schwachstellen oder Narben nach Bauchoperationen“, sagt Dr. Holzner. Eine Schwachstelle bei Männern ist der Bereich des inneren Leistenrings, durch den der Samenstrang zum Hoden zieht. Hernien sind manchmal bereits bei Geburt vorhanden oder entstehen im Laufe des Lebens. Meist treffen mehrere Faktoren aufeinander, wenn sich eine Hernie ausbildet. Ein entscheidender Faktor ist die Stabilität des Bindegewebes, die sich individuell unterscheidet.

Kann man sich einen Bruch heben?

Das Heben schwerer Lasten beziehungsweise eine hohe körperliche Belastung führt nur dann zu einer Hernie, wenn das Bindegewebe der Belastung nicht mehr standhalten kann. Das bedeutet, dass die gleiche Belastung über Jahre bei einer Person mit schwächerem Bindegewebe zu einer Hernie führt und bei einer zweiten Person mit starkem Bindegewebe nicht. „Folglich kann man die Aussage „Sich einen Bruch heben“ als teilweise falsch bezeichnen, da Belastung nur ein Faktor bei der Hernienentstehung ist“, erklärt der Chirurg.

Welche Möglichkeiten der Therapie gibt es?

Die einzige Therapie eines Bruchs ist die Operation. Als beste Behandlungsart empfehlen die medizinischen Leitlinien eine Operation der Leistenhernie mittels Netzverstärkung. Statt die Bruchstelle direkt zu vernähen, wird dabei ein Kunststoffnetz in das Loch platziert, das mit dem umliegenden Gewebe überlappt. So wird der Körper zur Bildung einer Bindegewebsschicht im Netzbereich angeregt. „Ist das Netz korrekt platziert, lässt sich das Wiederauftreten einer Hernie deutlich reduzieren. Außerdem können sehr große Brüche versorgt werden, die mit körpereigenem Gewebe sonst nicht verschlossen hätten werden können“, sagt Dr. Holzner.

Von einem Bruchband oder einem Bauchgurt rät der Chirurg in den meisten Fällen ab. „Ein Bruchband kann das Hervortreten des Bruchs und somit je nach Belastung gegebenenfalls eine Größenzunahme verhindern, aber es schwächt die Bauchmuskulatur und trägt somit indirekt zum Fortschreiten der Erkrankung bei. Kurzfristig, das heißt auch vor einer Operation, kann ein Gurt oder Bruchband eingesetzt werden“, erklärt Dr. Holzner.

Umfassende Hilfe bei komplexen Fällen

Komplizierter wird es, wenn der Bruch nach einer Operation erneut auftritt und wenn Brüche an mehreren Stellen auftreten. „Als Zentrum der Maximalversorgung und Teil des Universitätsklinikums besitzen wir neben der Routineversorgung von Leistenhernien besondere Erfahrung in der Therapie von mehrfach wiederaufgetretenen Leistenbrüchen, Brüchen neben künstlichen Darmausgängen und großen Narbenbrüchen“, sagt Professor Dr. Stefan Fichtner-Feigl, Ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie des Universitätsklinikums Freiburg. Bei Leistenhernien ist dann häufig eine Operation mittels Schlüssellochchirurgie, also minimal invasiv, möglich.

Wann ist eine ambulante Operation sinnvoll?

Geplante Leistenbruchoperationen können in Vollnarkose, Rückenmarksbetäubung oder in örtlicher Betäubung durchgeführt werden. „Es gibt gute Erfahrungen damit, unkomplizierte Leistenbrüche ambulant zu versorgen“, sagt der Freiburger Viszeralchirurg. Durch diese schonende Operationsmethode kann der Patient oft noch am selben Tag nach Hause gehen.

Das ist insbesondere bei Patienten ohne gravierende Begleiterkrankungen an Herz und Lunge möglich. Aber auch Patienten mit Begleiterkrankungen werden häufig am Universitätsklinikum Freiburg behandelt. „Diese Patienten müssen stationär versorgt werden, um höchst mögliche Sicherheit garantieren zu können“, sagt Professor Fichtner-Feigl.

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