Das Integrierte Notfallzentrum (INZ) Freiburg am Zentrum für Notfall- und Rettungsmedizin
Universitäts-NotfallzentrumNotaufnahmen versorgen einen Großteil der Notfallpatient*innen in Deutschland. Aufgrund steigender Inanspruchnahme kommt es zunehmend zur Überlastung dieser akutmedizinischen Strukturen. Auf gesundheitspolitischer Ebene besteht nach einem Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) „zur Reform der Notfallversorgung“ folgende Einschätzung (Stand Oktober 2024):
„Es gibt Defizite bei der effizienten Steuerung von Hilfesuchenden in die richtige Versorgungsebene, so dass Hilfesuchende zunächst selbst über den für sie richtigen Versorgungsbereich entscheiden.
Die drei Versorgungsbereiche – vertragsärztlicher Notdienst, Notaufnahmen der Krankenhäuser und Rettungsdienste – sind jedoch besser zu vernetzen und aufeinander abzustimmen.
Integrierte Notfallzentren...(sollen)...als sektorenübergreifende Notfallversorgungsstrukturen etabliert...(werden). In diesen arbeiten zugelassene Krankenhäuser und die Kassenärztlichen Vereinigungen verbindlich so zusammen, dass immer eine bedarfsgerechte ambulante medizinische Erstversorgung bereitsteht.
Integrierten Notfallzentren bestehen aus der Notaufnahme eines Krankenhauses, einer Notdienstpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung im oder am Krankenhausstandort und einer zentralen Ersteinschätzungsstelle.“
Im Oktober 2023 konnte am Zentrum für Notfall- und Rettungsmedizin des Universitätsklinikums Freiburg ein solcher INZ-Betrieb eingerichtet werden. Durch die Kopplung einer Notdienstpraxis von 08:00 bis 23:00 Uhr und dem Universitäts-Notfallzentrum (UNZ) mittels einer vorgelagerten zentralen Ersteinschätzungsstelle entstand erstmalig in Deutschland eine vollständig räumlich und strukturell integrierte Notfallversorgung. Die Steuerung von Notfallpatient*innen in den geeigneten Versorgungssektor findet an der zentralen Ersteinschätzungsstelle statt.

Erste Erfahrungen
Unsere ersten Datenanalysen zeigten eine durchschnittliche Dauer bis zum Abschluss der vorgelagerten Ersteinschätzung (Door-to-Triage-Zeit inklusive Wartezeit) an der zentralen Ersteinschätzungstelle von 5,01 Minuten (95-%-Konfidenzintervall: [4,96; 5,06]. Diese Door-to-Triage-Zeit zeigte eine hohe Übereinstimmung mit der Vorgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) von 10 Minuten.
Ca. 36,9% der Patient*innen wurden der Notdienstpraxis zugewiesen. Durch die zentrale Ersteinschätzungsstelle konnten in unseren ersten Analysen doppelte Anmeldungen vermieden werden, die nur bei 8,65 % der SP beim Wechsel von der Notdienstpraxis in die Notaufnahme nötig waren.
Der Aufwärtstrend von Patientenzahlen innerhalb des Notfallzentrums (durchschnittlich + 4,0 % seit 2013) konnte um 7,5 % reduziert werden (Rückgang von 104,0 % auf 96,5 % der Vorjahreswerte), was maßgeblich auf die Reduktion der Anzahl von Patient*innen mit niedrigen Dringlichkeitsstufen ESI 4–5 (79,9 % der Vorjahreswerte) zurückzuführen ist. In unserem UNZ konnte entsprechend ein höherer Anteil hochdringlicher Fälle behandelt werden.
Somit konnte durch lokale Maßnahmen die überregionale Versorgung dringlicher und hochdringlicher Patient*innen deutlich verbessert werden.
Das Freiburger INZ-Konzept mit einer durch das Notfallzentrum betriebenen zentralen Ersteinschätzungsstelle ist effektiv, schnell und zeigt das deutschlandweite Potenzial für eine Steuerungsfunktion von Notfallpatient*innen in INZ gemäß den gesundheitspolitischen Impulsen. Ob hierdurch dauerhafte Effekte im Sinne einer Reduktion von Behandlungen von Niedrigrisikopatient*innen im Notfallzentrum erzielt werden können, ist aktuell unklar und muss in Folgeuntersuchungen evaluiert wird. Auch eine unserer Arbeitsgruppen widmet sich diesen wissenschaftlichen Fragestellungen.

Prof. Dr. med. Hans-Jörg Busch
Leiter Zentrum für Notfall- und Rettungsmedizin

Dr. Felix P. Hans, M.Sc.
Oberarzt Zentrum für Notfall- und Rettungsmedizin
Sektionsleiter Digitale Notfallmedizin