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POEM

Patientenorientierte Veränderungsmessung: Gesundheitsbewertungen und die Beurteilung der Teilhabe-Relevanz von Behandlungseffekten durch chronisch Kranke

Förderschwerpunkt Versorgungsnahe Forschung: Chronische Krankheiten und Patientenorientierung

Hintergrund und Ziele

Allgemeine Entwicklungen hin zu einer patientenzentrierten Gesundheitsversorgung haben sich auch auf methodische Forschungsbereiche wie die Veränderungsmessung ausgewirkt und führen zu der Forderung, dass es – insbesondere bei chronischen Erkrankungen – der individuelle Patient sein sollte, der die Bedeutung seiner gesundheitlichen Veränderung bewertet. In dem Projekt „Patientenorientierte Veränderungsmessung: Gesundheitsbewertungen und die Beurteilung der Teilhabe-Relevanz von Behandlungseffekten durch chronisch Kranke“ wurde eine Konzeption der patientenorientierten Veränderungsmessung entwickelt: das so genannte POEM-Konzept. Das Konzept soll das übliche Vorgehen bei der Bestimmung von Interventionseffekten nicht ersetzen, sondern lediglich ergänzen, indem es durch zusätzliche Fragen und Auswertungen Aspekte der Individualisierung und der patientenseitig bestimmten Signifikanzbeurteilung in das Erhebungsdesign einführt. Das POEM-Konzept sieht folgende drei Arbeitsschritte vor:

  • Die Erfassung der patientenseitigen Gesundheitsbewertungen vor der Intervention, d.h. die Erhebung von Patientenpräferenzen bezüglich möglicher Gesundheitsverbesserungen,
  • Die Erfassung der Teilhabe-Relevanz der erlebten Veränderungen nach der Intervention,
  • Die Auswertung und Rückmeldung der an den Gesundheitsbewertungen gewichteten Effekte sowie der Teilhabe-Relevanz.

Bei der Auswertung wurden zudem verschiedene inhaltliche Fragestellungen, die die Bedeutung der Patientenorientierten Veränderungsmessung empirisch analysieren, untersucht.

Das Projekt endete nach gut 3-jähriger Laufzeit zum 28.02.2011.

Konzeptionelle Grundlagen der Patientenorientierten Veränderungsmessung

Das Instrumentarium wurde patientenorientiert in qualitativen Vorstudien (Patientenfokusgruppen, kognitive Pretests) erarbeitet. Dabei wurden verschiedene Möglichkeiten der Operationalisierung für Gesundheitsbewertungen (Visuelle Analogskala, Willingness-to-Pay Methode, Rating-Skala, Ranking-Methode) und Teilhabe-Relevanz-Urteile auf Verständlichkeit und Akzeptanz geprüft. Anschließend wurde das Konzept in einer quantitativen Studie in drei Indikationen geprüft. Dazu wurden im Rahmen einer prospektiven Studie mit drei Messzeitpunkten (Reha-Beginn, Reha-Ende, 6 Monate nach Reha-Ende) Daten an N=312 Patientinnen mit Brustkrebs, an N=328 Patienten mit chronisch-ischämischer Herzkrankheit sowie an N=189 Patienten mit chronischen Rückenschmerzen erhoben. Ein systematischer Rückmeldemodus ermöglicht die Rückmeldung der an den Gesundheitsbewertungen gewichteten Behandlungs-Effekte sowie der Teilhabe-Relevanz. Die Auswertungen können einzelfall- bzw. gruppenbezogen erfolgen.

Erfassung der Gesundheitsbewertungen vor der Intervention

Für alle in der Studie interessierenden und erfassten Ergebnisbereiche (z.B. Mobilität, Schmerzen, emotionales Befinden) wird zu Behandlungsbeginn erfasst, welchen Nutzen der einzelne Patient mit einer diesbezüg­lichen Gesundheitsverbesserung verbindet. Unsere im Rahmen des Projekts durchgeführten Studien führten zu dem Ergebnis, dass sich für die Erfassung von Gesundheitsbewertungen insbesondere eine VAS und eine Ranking-Aufgabe anbieten. Bei der VAS-Methode werden die Rehabilitanden gebeten, auf einer Linie, die eine Skalierung von 0 bis 100 aufweist, ihren jetzigen Gesundheitszustand sowie verschiedene Gesundheitsszenarien (für jeden relevanten Ergebnisbereich eine) mit einem durch die Rehabilitation möglicherweise erreichbaren, verbesserten Gesundheitszustand einzuschätzen. Bei der Ranking-Aufgabe sollen die Befragten die Ergebnisbereiche bezüglich ihrer subjektiven Wichtigkeit in eine Rangreihe stellen. Wichtig erscheint, dass die Gesundheitsbewertungen inhaltlich korrespondierend zu den in der Studie erfassten Endpunkten erhoben werden, damit beide aufeinander beziehbar sind.

Erfassung der Teilhabe-Relevanz der erlebten gesundheitlichen Veränderungen

Um den für den individuellen Patienten in seinem Alltag erlebten Nutzen einer Veränderung abbilden zu können, wird der Patient nach der Intervention gefragt, 1. ob er bezüglich der relevanten Ergebnisbereiche überhaupt eine erkennbare Verbesserung erlebt hat und – wenn ja – 2. wie sehr diese Verbesserung seine Teilhabe im Sinne des Zurecht­kommens in Alltag konkret verbessert hat. Während die Gesundheitsbewertungen also vor der Behand­lung die Wichtigkeit bzw. den antizipierten individuellen Nutzen eines möglichen Behand­lungsziels (z.B. Schmerz­reduktion) abbilden, erfasst das Teilhabe-Relevanz-Urteil den nach der Intervention tatsäch­lich erlebten Nutzen für die individuelle Teilhabe. Mit dem Urteil zur Teilhabe-Relevanz werden wahrgenommene Teilhabever­besse­rungen erfasst, die der Patient auf behand­lungs­bedingte Veränderungen in basalen Bereichen (Körperstrukturen, Körper­funktionen, elementare Aktivitäten) zurückführt. Ergebnisse zu psychometrischen Kennwerten, deskriptiven Ergebnissen sowie den untersuchten inhaltlichen Fragestellungen zur Bedeutung der Patientenorientierten Veränderungsmessung finden sich in den unten aufgelisteten Projektpublikationen.

Rückmeldung der gewichteten Behandlungseffekte und der Teilhabe-Relevanz

Im Projekt wurde ein mögliches Gewichtungsschema entwickelt: Je wichtiger dem Patienten ein Gesundheitsbereich und je höher der Effekt in diesem Ergebnisbereich (gemessen mit etablierten Assessmentinstrumenten) bzw. die Teilhabe-Relevanz des Effekts, umso höher ist die Gesamtbewertung des Behand­lungserfolgs zu veranschlagen. Die so gewichteten Gesundheits­verbesse­rungen liefern die Information, in welchen Bereichen präferierte Gesundheits­verbesse­rungen (gemessen an Effektstärken und dem Urteil zur Teilhabe-Verbesserung) auch tatsächlich erreicht wurden. Optimal ist es, wenn in einem dem Patienten sehr wichtigen Bereich hohe individuelle Effektstärken und eine deutliche Teilhabe-Verbesserung erreicht wurden. Besonders kritisch ist es, wenn in einem dem Patienten sehr wichtigen Bereich weder Effekte bei der indirekten Verände­rungs­messung mit Outcome-Instrumenten noch Verbesserungen der wahrgenom­menen Teilhabe erreicht werden.

Empfehlungen

Für Forscher, die einen quantitativen Forschungsansatz mit Erfassung der Veränderung des Gesundheitszustands von chronisch Kranken realisieren und dabei das POEM-Konzept umsetzen möchten, können zusammenfassend folgende Empfehlungen gegeben werden: Bezogen auf die jeweiligen, in der Studie interessierenden Ergebnisbereiche (die in der Regel den Skalen der eingesetzten Outcome-Instrumente entsprechen werden) sollten Items zur Gesundheitsbewertung (z.B. Visuelle Analogskala oder Ranking-Aufgaben) und Items zur wahrgenommenen Teilhabe-Relevanz konstruiert werden. Empfehlenswert ist die Durchführung eines qualitativen und/oder quantitativen Pretests zur Bestimmung basaler methodischer Gütekriterien dieser Items (z.B. Verständlichkeit, Retest-Reliabilität). Die Items zur Gesundheitsbewertung sollten dem Patienten zum Zeitpunkt vor der Intervention, die Items zur Teilhabe-Relevanz nach der Intervention vorgelegt werden. Mit den von den Autoren beschriebenen Auswertungsschritten können dann – sowohl auf Individual- als auch auf Gruppenebene – die üblichen Analysen um patientenorientierte Auswertungen ergänzt werden, bei denen die Bewertung der erzielten Effekte um eine an den Präferenzen und Erfolgswahrnehmungen des Patienten gewichtete Analyse ergänzt wird. Letztlich wird damit das Ziel verfolgt, eine „Triangulation“ verschiedener Sichtweisen zu erreichen, die - basierend auf verschiedenen Bewertern (Patient, Behandler, u.U. aber auch Angehörige und Leistungsträger) - eine ausgeglichene und umfassende Beurteilung des Erfolgs einer Intervention abbildet.

Projektveröffentlichungen:

Schriftpublikationen:

  • Farin, E. (2008). Patientenorientierung und ICF-Bezug als Herausforderungen für die Ergebnismessung in der Rehabilitation. Rehabilitation, 47, 67-76.
  • Farin, E., Nagl, M. (2011). Patient-oriented outcome measurement in chronic diseases: Conceptual basis and empirical evidence. International Journal of Person Centered Medicine, 1 (4), 696-704.
  • Farin, E., Nagl, M. (online first). The patient-physician relationship in patients with breast cancer: descriptive results and influence on quality of life after reha­bilitation. Quality of Life Research. http://dx.doi.org/10.1007/s11136-012-0151-5
  • Farin, E. & Meder, M. (2010). Personality and the physician-patient relationship as predictors of quality of life of cardiac patients after rehabilitation. Health and Quality of Life Outcomes, 8: 100
  • Meder M. & Farin, E. (2011) Gesundheitsbewertungen bei Patienten mit chronisch-ischämischer Herzkrankheit. Die Rehabilitation, 50, 522-530.
  • Meder, M. & Farin, E. (2009). Akzeptanz und Verständlichkeit verschiedener Methoden der Gesundheitsbewertung bei chronisch Kranken: Willingness to pay, visuelle Analogskala und verbale Ratingskala. Gesundheitswesen, 71(11), e1-e10.
  • Nagl, M. & Farin, E. (2011). Die Entwicklung eines Instruments zur Erfassung der Teilhabe-Relevanz von Behandlungseffekten bei chronisch Kranken: Retest-Reliabilität und deskriptive Ergebnisse. Die Rehabilitation, 50, 379-389.
  • Nagl, M., Farin, E. (2012). Congruence or discrepancy? Comparing patients' health valuations and physicians' treatment goals for rehabilitation for patients with chronic conditions International Journal of Rehabilitation Research, 35(1), 26-35.
  • Nagl, M., Farin, E. (in press). Response shift in quality of life assessment in patients with chronic back pain and chronic ischemic heart disease. Disability & Rehabilitation. Online first: http://dx.doi.org/10.3109/09638288.2011.619616
  • Das Projekt ist Teil des Förderschwerpunkts „Patientenorientierung und chronische Krankheiten“ (Modul 4: Wissenschaftliche Grundlagen der versorgungsnahen Forschung). Es wurde gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (Projektlaufzeit: Februar 2008 – Dezember 2010).

Kooperierende Rehabilitationskliniken Indikation Muskuloskeletale Erkrankungen:

  • Breisgau-Klinik, 79189 Bad Krozingen
  • Fachklinik und Moorbad Bad Freienwalde, 16259 Bad Freienwalde
  • Kirnitzschtal Klinik Bad Schandau, 01814 Bad Schandau
  • Klinikum Bad Salzdetfurth, Salze Klinik II, 31162 Bad Salzdetfurth
  • Reha-Klinik Aukammtal,  65191  Wiesbaden
  • Rehaklinik Bad Boll, 73087 Bad Boll
  • Sachsenklinik Naunhof, 04683 Naunhof
  • Vesalius-Klinik Bad Rappenau, 74904 Bad Rappenau

Kooperierende Rehabilitationskliniken Indikation Kardiologie:

  • Drei-Burgen-Klinik, 55583 Bad Münster am Stein-Ebernburg
  • Fachklinik Wolletzsee, 16278 Wolletz
  • Kerckhoff-Rehabilitations-Zentrum, 61231 Bad Nauheim
  • Klinik am Südpark Pitzer GmbH & Co. KG, Abt. Kardiologie, 61231 Bad Nauheim
  • Klinik Bad Wörishofen, 86825 Bad Wörishofen
  • Median Klinikum für Rehabilitation, 32105 Bad Salzuflen

Kooperierende Rehabilitationskliniken Indikation Onkologie:

  • Habichtswald Klinik, 34131 Kassel-Wilhelmshöhe
  • Klinik Graal-Müritz GmbH, 18181 Ostseeheilbad Graal-Müritz
  • Median Klinikum für Rehabilitation, 32105 Bad Salzuflen
  • Paracelsus-Klinik, 88175 Scheidegg
  • Reha-Zentrum Todtmoos - Klinik Wehrawald, 79682 Todtmoos
  • Rheingau-Taunus-Klinik, 65307 Bad Schwalbach
  • Rosentrittklinik, 74906 Bad Rappenau
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