Hans-Böckler-Stiftung
Sozialmedizinische Begutachtung, Leistungen zur Teilhabe und Berentungsgeschehen bei Erwerbsminderung aufgrund von Krankheit oder Behinderung
Förderung: Hans-Böckler-Stiftung (Projektnummer: S-2012-532-4B)
Kontext / Problemlage
Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit aufgrund von Krankheit oder Behinderung haben Konsequenzen für die Betroffenen und für die Gesellschaft. Sozialpolitische Instrumente sollen Beeinträchtigungen überwinden (Teilhabeleistungen) oder deren Folgen kompensieren (Erwerbsminderungsrenten). Es stellt sich die Frage, ob das gegenwärtige System der sozialen Sicherung bei Erwerbsminderung ausreichend ist und ob die Möglichkeiten der Förderung der Teilhabe ausreichend genutzt werden. Etwa 20 Prozent der Rentenneuzugänge entfallen in Deutschland derzeit auf Renten wegen Erwerbsminderung; in Berufen mit schwerer körperlicher Arbeit liegt der Anteil bei 35 Prozent. Durch die Erhöhung der Regelaltersgrenze wird sich dieses Problem weiter verschärfen. Es gibt Hinweise darauf, dass die Möglichkeiten zur Sicherung der Teilhabe (z. B. Rehabilitation) im Vorfeld der Gewährung von Erwerbsminderungsrenten oft nicht ausgeschöpft werden.
Fragestellungen
Im Projekt (Projektlaufzeit: Mai 2012 – September 2013) wurde der Prozess der sozialmedizinischen Begutachtung im Rentengeschehen anhand vorliegender Forschung kritisch betrachtet. Außerdem wurde das niederländische Modell der beruflichen Eingliederung und der sozialen Sicherung von Menschen, die durch Krankheit oder Behinderung erwerbsgemindert sind, exemplarisch analysiert und dem deutschen Modell gegenübergestellt. Als Ergebnis erhielten wir empirisch fundierte Grundlagen zur Weiterentwicklung der sozial- und arbeitsrechtlichen Instrumente zur sozialen Sicherung bei Erwerbsminderung. Schließlich wurden das Berentungsgeschehen bei Erwerbsminderung sowie die tatsächliche Verteilung von Leistungen zur Teilhabe bei vorzeitiger Berentung wegen Erwerbsminderung anhand von Datensätzen der Deutschen Rentenversicherung analysiert.
Untersuchungsmethoden
- Recherche und Analyse vorliegender Forschungsarbeiten zu Problemen der sozialmedizinischen Begutachtung im Rentengeschehen.
- Exemplarische Beschreibung der gesetzlichen Grundlagen (z. B. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall) und der Praxis der beruflichen Wiedereingliederung oder sozialen Sicherung von Menschen, die aufgrund von Krankheit oder Behinderung erwerbsgemindert sind, in den Niederlanden und in Deutschland. Es wurden eine Literaturrecherche sowie ExpertInnen-Interviews durchgeführt. Für die Interviews nutzten wir Fallvignetten, um die Praxis in den Niederlanden und in Deutschland anhand konkreter Fälle gegenüberstellen zu können.
- Analyse von Datensätzen der Deutschen Rentenversicherung zu Erwerbsminderungsrenten hinsichtlich des Berentungsgeschehens und der vorhergehenden Maßnahmen zur Sicherung der Teilhabe (z. B. Rehabilitation).
Publikationen aus dem Projekt:
- Mittag, O., Reese, C., de Boer, W., Faas, J. & Weel, A. (2015). Auf dem Weg nach 2020. Erfahrungen aus den Niederlanden – ein Modell für Deutschland? In A. Weber, L. Peschkes & W. de Boer (Hrsg.), Return to Work – Arbeit für alle. Grundlagen der beruflichen Reintegration (S. 819-827). Stuttgart: Gentner.
- Mittag, O., Reese, C. & Meffert, C. (2014). (Keine) Reha vor Rente: Analyse der Zugänge zur Erwerbsminderungsrente von 2005 bis 2009. WSI-Mitteilungen, 2, 149-155.
- Mittag, O., Reese, C., Weel, A., Faas, J. & de Boer, W. (2014). Arbeitgeberverantwortung für die Wiedereingliederung kranker Arbeitnehmer: Das Modell Niederlande. Recht und Praxis der Rehabilitation, 1, 67-71.
- Mittag, O., Reese, C., Weel, A., Faas, J. & de Boer, W. (2014). Berufliche Wiedereingliederung und soziale Sicherung bei Erwerbsminderung: Was in den Niederlanden anders gemacht wird. Ein Vergleich der Systeme in den Niederlanden und Deutschland. Soziale Sicherheit, 1, 9-17.
- Reese, C. & Mittag, O. (2013). Wiedereingliederung und soziale Sicherung bei Erwerbsminderung. Vergleichsstudie für die EU-Länder Niederlande und Deutschland. Sozialrecht und Praxis, 6, 343–359.
Projektleitung
Prof. Dr. Oskar Mittag
Projektmitarbeitende
Dr. Christina Reese
Hugstetter Str. 49
79106 Freiburg
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Fax: +49 (0) 761 270 73310
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