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Achtsamkeit und Mitgefühlsmeditation in einem Palliativzentrum: eine Pilotstudie

Claudia Orellana-Rios, Martina Kern, Lukas Radbruch, Yesche Regel, Stefan Schmidt

Zunehmend werden vom Gesundheitspersonal neben hohen medizinischen Kompetenzen auch gute kommunikative Fähigkeiten erwartet sowie Empathie und eine Einbeziehung der PatientInnen und Angehörigen bei wichtigen medizinischen Entscheidungen. Diese Forderungen stehen im Gegensatz zu den immer knapper werdenden Ressourcen im Gesundheitssystem wie engen Arbeitsplänen oder Personalmangel. Gerade die Behandlung von chronisch kranken und sterbenden Menschen stellt eine besondere Herausforderung dar. Tagtäglich werden die Gesundheitshelfer mit Leid konfrontiert, mit voranschreitenden Symptomen und irreversiblen Schäden. Dies bedarf einer stärkeren emotionalen Hinwendung und kann zudem dazu führen, dass die eigene Tätigkeit nur noch als wenig sinnvoll empfunden wird. Es wird dann von einer so genannten „Gratifikationskrise“ gesprochen. Das Gefühl von Selbstwirksamkeit bei der Arbeit ist eingeschränkt. Einigen Studien zufolge stellen diese Bedingungen Risikofaktoren für psychische Belastungen, Erschöpfung und Distanzierung zu der eigenen Tätigkeit dar. Infolgedessen kann es auch zu einem Mangel an Mitgefühl und Empathie in der Begegnung mit den PatientInnen kommen. Dies verdeutlicht, wie wichtig die Entwicklung von Interventionen ist, die MitarbeiterInnen im Gesundheitssystem helfen, ihre Selbstregulations- und Bewältigungsstrategien zu stärken. Meditation und achtsamkeitsbasierte Interventionen stellen dabei eine viel versprechende Alternative dar. Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass diese eine Reduktion von Ängstlichkeit und Depressivität, eine Erhöhung von Empathie, Mitgefühl und Selbst-Mitgefühl sowie eine positive Auswirkung auf die beruflichen Fähigkeiten von MitarbeiterInnen im Gesundheitssystem bewirken können. Ziel der Studie ist die Untersuchung der Wirksamkeit eines Achtsamkeits- und Mitgefühl-Trainings. Die Übungen des Trainings finden vor Ort am Arbeitsplatz statt und können direkt in den Arbeitsalltag integriert werden.

Methodik: 27 MitarbeiterInnen eines Palliativzentrums nahmen an der Studie teil. Der Kurs bestand aus einem Einführungstag und 9 Übungstagen. Dabei wurden Übungen zur Entwicklung einer wachen Präsenz und zur Kultivierung von Mitgefühl (Metta und Tonglen) direkt am Arbeitsplatz praktiziert und durch Hausaufgaben konsolidiert. In einem mixed-method Ansatz wurden u. a. folgende Variablen vor und nach der Intervention untersucht: Burnout, wahrgenommener Stress, somatische Beschwerden, emotionale Kompetenzen, Ängstlichkeit, Depressivität sowie die Arbeitszufriedenheit. Mithilfe von halbstrukturierten qualitativen Interviews wurden 1. die Erlebnisse der MitarbeiterInnen im Zusammenhang mit dem Training analysiert und 2. im Sinne von Psychohygiene qualitativ untersucht, unter welchen Bedingungen es möglich ist, mitfühlend zu sein und gleichzeitig persönliche Ressourcen zu fördern.

Die Studie befindet sich in der Auswertungsphase und wird von der Buddha-Stiftung und von Alpha NRW (Ansprechstelle im Land NRW zur Palliativversorgung, Hospizarbeit und Angehörigenbegleitung) gefördert.