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Mit Stammzellen das Sportlerknie fit machen

Orthopädie

(12.04.2016) Es kann ganz schnell gehen auf dem Fußballplatz, der Skipiste oder beim Joggen: eine falsche Bewegung und das Knie verdreht sich. Halten die Schmerzen mehrere Wochen an, sollte der Betroffene einen Arzt aufsuchen. Denn oft ist der Knorpel im Kniegelenk verletzt. Auch eine Fehlstellung der Gelenke, einer beginnenden Arthrose oder ein Verkehrsunfall können schon in jungen Jahren zu schweren Knorpelschäden führen. „Es ist wichtig, belastungsabhängige Warnsignale wie Schmerzen oder ein Anschwellen des Gelenks ernst zu nehmen“, sagt Professor Dr. Philipp Niemeyer, Oberarzt an der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Freiburg. Denn von selbst kann der Knorpel nicht heilen und je weiter der Schaden fortschreitet, desto schlechter lässt er sich behandeln.

Stammzellen statt Prothese

Während früher selbst bei jungen Patienten mit großem Knorpelschaden eine Prothese eingesetzt werden musste, haben die Ärzte seit einiger Zeit eine sehr wirkungsvolle Alternative: die autologe Chondrozytentransplantation (ACT). Bei der ACT entnehmen die Ärzte bei einem minimalinvasiven Eingriff ein winziges Stück Knorpelgewebe aus dem Kniegelenk. Daraus lösen sie im Labor die vorhandenen Stammzellen. In der Petrischale im Labor besiedeln die Zellen ein dünnes, schwammartiges Gewebe und vermehren sich nach und nach. Nach etwa acht Wochen platzieren die Ärzte dieses Knorpelzell-gesättigte Stück während einer zweiten Operation im Knie.

Voraussetzung für eine erfolgreiche ACT ist, dass der Knorpelschaden klar vom umliegenden gesunden Knorpelgewebe abgegrenzt ist. „Man kann sich das ein bisschen wie Rollrasen vorstellen, der an einer schadhaften Stelle auf dem Fußballplatz ausgelegt wird und dort festwächst“, erklärt Professor Niemeyer. Nicht geeignet ist die Methode bei Patienten, die an einer fortgeschrittenen Arthrose leiden. Denn bei dieser entzündlichen Erkrankung ist meist das gesamte Knorpelgewebe betroffen.

Erfolg der Zelltherapie bestens belegt

Weil körpereigene Zellen im Labor behandelt werden, gelten für das Verfahren die gleichen strengen Richtlinien wie für Arzneimittel. An der Etablierung und Weiterentwicklung der Methode waren maßgeblich Ärzte der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Freiburg beteiligt. Heute wird mehr als jede zehnte ACT in Deutschland am Universitätsklinikum Freiburg durchgeführt. „Wir konnten in großen klinischen Studien die Wirksamkeit der ACT-Therapie auf wissenschaftlich höchstem Niveau nachweisen“, sagt Professor Niemeyer, der als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft „Geweberegeneration“ der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädiechirurgie (DGOO) auch die Empfehlungen der Fachgesellschaft für die Behandlung von Knorpelschäden mitentwickelt.

Die ACT war ein Durchbruch bei der Behandlung großer Knorpelschäden, doch sie hat auch einen Nachteil. Die Anzucht der Zellen im Labor dauert etwa acht Wochen: langes Warten für den Patienten und ein erheblicher Kostenfaktor. Darum arbeiten die Mediziner des Universitätsklinikums Freiburg an einer Weiterentwicklung der Methode. Dazu wollen sie Stammzellen aus dem Beckenknochen gewinnen, wo sie deutlich mehr Zellen auf einmal sammeln können. Noch während der Operation sollen die Stammzellen in das Kniegelenk eingespritzt oder wie bisher mit einem dünnen Gewebe im Kniegelenk platziert werden. Die zweite Operation, die Wartezeit und die hohen Laborkosten würden dadurch entfallen. „Die bisherigen Studien zu der Methode sind sehr vielversprechend“, sagt Professor Niemeyer.

Knorpelregister soll Therapien weiter verbessern

Um diese und viele weitere Therapieansätze auf ihre Wirksamkeit überprüfen zu können, hat Professor Niemeyer am Universitätsklinikum Freiburg eine große Patientendatenbank aufgebaut. In dieses Knorpelregister, das von der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädiechirurgie finanziert wird, tragen mittlerweile mehr als 100 Kliniken aus ganz Deutschland den Heilungsverlauf ihrer Knorpelpatienten ein. „Anhand der großen Datenmenge können wir in Zukunft sehr genau erkennen, welche Therapie für welche Patienten geeignet ist und so die Behandlung noch besser auf den Einzelnen abstimmen“, sagt Professor Niemeyer.  

Weitere Informationen:

Kniegelenkschirurgie des Universitätsklinikums Freiburg  

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