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Schwere Schlaganfälle per Katheter behandeln

Neuroradiologie

(01.04.2016) Jährlich erleiden etwa 265.000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall. Bei mehr als 30.000 Menschen führt ein Verschluss  großer Hals- oder Hirnschlagadern zu einer Blut- und Sauerstoff-Unterversorgung, die  große Teile des Gehirns betreffen können: Bewusstseinsstörungen, schwere Lähmungen und Sprachprobleme sind die  Folge  wenn der  Schlaganfall nicht sogar tödlich endet. Bisher hatten Ärzte nur die Möglichkeit, das Gerinnsel medikamentös aufzulösen, was als Thrombolyse oder Lyse bezeichnet wird. Doch gerade einmal jeder dritte Patient kann nach einem Schlaganfall ohne Unterstützung sein Leben bewältigen.

Seit Kurzem können Ärzte mit einer neuen Technik besonders bei schweren Schlaganfällen helfen. Thrombektomie heißt das am Universitätsklinikum Freiburg bereits gut etablierte Verfahren, bei dem ein Katheter in die Leistenarterie eingeführt und bis zum arteriellen Verschluss im Gehirn vorgeschoben wird. Über den Katheter wird ein als Stent bezeichnetes Gitter-Röhrchen in das Blutgerinnsel eingebracht. Beim Rückzug des Stents, der an einem Draht befestigt ist, kann das Blutgerinnsel aus der verschlossenen Hirnschlagader herausgezogen werden. „Mit der Thrombektomie konnten wir in den letzten Jahren die Heilungschancen bei Patienten mit Verschlüssen der großen Hirnarterien im Vergleich zu Thrombolyse auf 60 Prozent verdoppeln “, sagt Professor Dr. Horst Urbach, Ärztlicher Direktor der Klinik für Neuroradiologie des Universitätsklinikums Freiburg.

Besteht der Verdacht auf einen Schlaganfall, sollte sofort der Notarzt gerufen werden (Telefon: 112). Denn nur spezialisierte Ärzte können entscheiden, welche Behandlung im jeweiligen Fall geeignet ist. Sind aber die Voraussetzungen für einen Kathetereingriff gegeben, spielt der Faktor Zeit in den ersten Stunden offensichtlich eine geringere Rolle als bislang angenommen. Wichtiger als die verstrichene Zeit ist, wie gut die vom Hauptblutfluss abgeschnittenen betroffenen Gehirnbereiche über kleinere Arterien mit Blut versorgt werden. Das wiesen Wissenschaftler um Professor Urbach in einer Studie nach. Vergleichbar ist die Situation mit der Vollsperrung einer Zufahrtsstraße: solange es noch kleine Sträßchen und Schleichwege gibt, durch die die Autos fahren können, lässt sich im abgeschnittenen Bereich noch ein Notbetrieb aufrechterhalten. „Bei einem Großteil der Betroffenen kann der Zustand bis zu zwölf Stunden konstant bleiben. In dieser Zeit ist es notfalls auch möglich, die Patienten in ein entsprechend ausgestattetes Zentrum zu verlegen, um den Schlaganfall mittels Thrombektomiezu behandeln“, sagt Professor Urbach.

Um nach einem Schlaganfall die Gesamtsituation schnell korrekt einzuschätzen, sind modernste bildgebenden Geräte und sehr erfahrene Ärzte nötig. Spezialisten der Klinik für Neuroradiologie und der Klinik für Neurologie und Neurophysiologie des Universitätsklinikums entscheiden gemeinsam, welche Behandlung beim jeweiligen Patienten die größten Erfolgsaussichten hat. Das Universitätsklinikum Freiburg ist das einzige Klinikum in Südbaden, das Thrombektomien zur Behandlung des Schlaganfalls rund um die Uhr anbietet. Es ist als eines von landesweit wenigen Pilotzentren von der Deutschen Schlaganfallgesellschaft zertifiziert. Partnerkliniken werden bei Bedarf telemedizinisch durch die Klinik für Neurologie und Neurophysiologie und durch die Klinik für Neuroradiologie des Universitätsklinikums Freiburg unterstützt.

Bei einem Verdacht auf Schlaganfall sollten Sie sofort reagieren: Rufen Sie einen Notarzt, Tel. 112!

Woran erkenne ich einen Schlaganfall?

  • Plötzlich einsetzende Schwäche oder ein Gefühl von Taubheit auf einer Körperseite (vollständig oder teilweise)
  • Plötzlich einsetzende Gesichtslähmung wie zum Beispiel hängende Mundwinkel
  • Unverständliche oder undeutliche Sprache
  • Sehstörungen wie etwa Blindheit auf einem Auge, halbseitige Sehstörungen, Doppeltsehen
  • Plötzliche sehr starke Kopfschmerzen, auch als Vernichtungskopfschmerz bezeichnet
  • Plötzliche Bewusstlosigkeit  

Erste-Hilfe-Maßnahme:

  • Beruhigen Sie den Betroffenen
  • Öffnen Sie gegebenenfalls beengende Kleidung und entfernen Zahnprothesen
  • Ist der Betroffene bei Bewusstsein, sollten er mit leicht erhöhtem Oberkörper gelagert werden
  • Bewusstlose und sich erbrechende Personen sollten in stabile Seitenlage gebracht werden
  • Fehlen Puls und Atmung, legen Sie den Betroffenen auf eine harte Unterlage und beginnen Sie mit Wiederbelebungsmaßnahme
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