Zu den Inhalten springen

Feintuning fürs Gehör

Im Implant Centrum Freiburg (ICF) an der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde des Universitätsklinikums Freiburg gibt es ein neues Wellenfeldsynthese-System zur Erforschung des räumlichen Hörens bei Cochlear-Implantaten

Eine Straßenkreuzung ist eine komplexe akustische Umgebung. Die vielen Umgebungsgeräusche machen es schwierig, ein heranfahrendes Fahrzeug durch Hören zu orten. Dennoch können normalhörende Menschen Situationen wie diese in der Regel gut meistern. Bei hochgradig hörgeschädigten Kindern oder Erwachsenen, die dank eines Cochlea-Implantats (CI) ihren Hörsinn zurückerlangen konnten, ist das räumliche Hörvermögen jedoch insbesondere bei Störgeräuschen deutlich verringert. Wie sich die Einstellungen von CIs bei Störgeräuschen optimieren lassen, wird demnächst an der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde des Universitätsklinikums Freiburg im zugehörigen Implant Centrum Freiburg (ICF) mithilfe eines neuen sogenannten Wellenfeldsynthese-Systems erforscht. Durch eine feinere Einstellung der CIs sollen die kleinen und großen CI-Träger ein besseres räumliches Hörvermögen in vielen Alltagssituationen, wie beispielsweise im Straßenverkehr, erlangen. Das Wellenfeldsynthese-System konnte dank maßgeblicher Unterstützung des Fördervereins „Taube Kinder lernen hören e.V.“ (TKLH e.V.) am ICF installiert werden.  

Die Wellenfeldsynthese (WFS) ist ein räumliches Audiowiedergabeverfahren mit dem Ziel, virtuelle akustische Umgebungen zu schaffen. Es wird auch Schallfeldsynthese oder Holofonie genannt. Die Synthese erzeugt Wellenfronten, die von einem virtuellen Punkt ausgehen. Dessen akustische Lokalisation ist nicht von der Hörerposition und auch nicht, wie bei den konventionellen Mehrkanalverfahren, von psychoakustischen Effekten wie der Phantomschallquellenbildung abhängig. „Mit dem Wellenfeldsynthese-System kann in Tests eine realistische, vom Standort des Hörers unabhängige Perspektive des akustischen Geschehens erzeugt werden“, erklärt Prof. Dr. Roland Laszig, Ärztlicher Direktor der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde des Universitätsklinikums Freiburg. „Das ist wichtig, um das räumliche Hören von Cochlear-Implantat-Trägern besser zu verstehen.“  

Die Planung für das neue Wellenfeldsynthese-System am ICF hat bereits im November 2015 begonnen, nachdem die Fördergesellschaft „Taube Kinder lernen hören e.V.“ die Finanzierung von etwa 250.000 Euro zugesagt hatte. Im Spätsommer 2016 konnte das System eingebaut werden. Seit Oktober 2016 bis voraussichtlich März 2017 wird die Anlage für den Betrieb vorbereitet. Sobald das Wellenfeldsynthese-System betriebsbereit ist, sollen am Implant Centrum Freiburg umfangreiche Studien starten. Dabei stehen zum einen der Nutzen von Mikrofonen mit Richtcharakteristika zur Schalllokalisation im Fokus der Forscher und zum anderen Studien zum Sprachverstehen in Störgeräusch-Hörsituationen. Untersucht werden sollen Patienten mit einem oder zwei Cochlear-Implantaten, die aus den nahezu 4.000 in Freiburg versorgten CI-Trägern ausgewählt werden. Diese Untersuchungen werden voraussichtlich bis in das Jahr 2019 dauern und sollen die Grundlage für weitere Forschungsanträge bilden.

Was ist das Cochlea-Implantat  
Das CI ist ein Innenohrimplantat, das gehörlos geborenen Kindern ermöglicht, das Hören und die gesprochene Sprache zu erlernen. Auch hochgradig hörgeschädigte Kinder und Erwachsene können dank des Implantats ihren Hörsinn zurück gewinnen. Das Implantat wird unter die Kopfhaut des Patienten eingesetzt und reicht bis in dessen Innenohr. Es wandelt gesprochene Worte und andere akustische Signale in elektrische Impulse um. Durch diese Impulse wird der Hörnerv stimuliert, der sich in der Hörschnecke, der so genannten Cochlea, befindet. Zu jedem CI-System gehören außerdem der Soundprozessor, der wie ein Hörgerät hinter dem Ohr getragen wird, sowie die Sendespule. Gehörlos geborenen Kindern sowie hochgradig hörgeschädigten Kindern und Erwachsenen eröffnet das CI den Zugang zur Welt des Hörens und der gesprochenen Worte.

Weitere Infos unter: www.uniklinik-freiburg.de/icf und www.taube-kinder-lernen-hoeren.de

Bildunterschrift: Das Wellenfeldsynthese-System am Universitätsklinikum Freiburg ist fast betriebsbereit: Der Ring aus Lautsprechern ermöglicht eine standortunabhängige Simulation komplexer akustischer Situationen, die in Hörstudien bei Cochlear-Implantat-Trägern eingesetzt werden. 
Bildrechte: © Universitätsklinikum Freiburg  

Kontakt:
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Roland Laszig
Ärztlicher Direktor Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde
Universitätsklinikum Freiburg
Telefon: 0761 270-42060
roland.laszig@uniklinik-freiburg.de


Downloads:
(1.3 MB, jpg)
Zurück