Ermutigende Entwicklungen im Kampf gegen Seltene Erkrankungen
Am 29. Februar ist Internationaler Tag der Seltenen Erkrankungen / Das Freiburg Zentrum für Seltene Erkrankungen bündelt die Kompetenz von 20 Kliniken und ermöglicht so eine optimale Patientenbetreuung / Beispielhaft drei PatientenbeispieleRund vier Millionen Menschen in Deutschland leiden unter einer Seltenen Erkrankung, die meisten von ihnen sind Kinder. Noch immer lässt sich der größte Teil der weltweit rund 8.000 Krankheiten nicht oder bestenfalls symptomatisch behandeln. Seit seiner Gründung im Jahr 2009 bündelt das Freiburg Zentrum für Seltene Erkrankungen (FZSE) des Universitätsklinikums Freiburg die ärztliche, wissenschaftliche und pflegerische Kompetenz in diesem Feld und ist damit Anlaufstelle für rund 10.000 Patienten jährlich. Drei Beispiele – auf Ebene des Erbguts, des Stoffwechsels und eines ganzen Organs – zeigen die besonderen Herausforderungen und Erfolge im Kampf gegen Seltene Erkrankungen.
Gegen jede Wahrscheinlichkeit: An einer einzelnen seltenen Erkrankung zu leiden, ist ungewöhnlich genug. Denn eine Erkrankung wird dann als „selten“ bezeichnet, wenn weniger als einer von 2.000 Menschen davon betroffen sind. Gleich drei Seltene Erkrankungen haben Forscherinnen und Forscher des Universitätsklinikums Freiburg im Jahr 2015 bei einem 16-jährigen Mädchen gefunden. Dieses litt erblich bedingt unter erhöhtem Cholesterinspiegel, Magnesiummangel und Schilddrüsenunterfunktion. Das Team um Prof. Dr. Anna Köttgen, Leiterin der Abteilung Genetische Epidemiologie am Institut für Medizinische Biometrie und Statistik des Universitätsklinikums Freiburg, und PD Dr. Ekkehart Lausch, Leiter der Sektion Pädiatrische Genetik der Klinik für Allgemeine Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Freiburg, wies durch eine Analyse des gesamten Erbguts nach, dass in der Familie nicht – wie sonst eher üblich – eine einzige Genmutation für die komplexe Symptomatik verantwortlich war, sondern dass drei voneinander unabhängige, seltene Erkrankungen gleichzeitig vorlagen. Für den erblich bedingten erhöhten Cholesterinspiegel wurde sofort eine personalisierte medikamentöse Therapie begonnen: mit Erfolg. Dies wäre ohne die genetische Aufklärung der Spezialisten des Freiburg Zentrums für Seltene Erkrankungen nicht möglich gewesen.
Normale Haut nach jahrzehntelanger Krankheit: Beim CHILD-Syndrom ist die Cholesterin-Bildung der Haut fehlerhaft, was zu großen entzündeten, nässenden und schuppenden Hautareale führt. Dr. Dimitra Kiritsi und Prof. Dr. Cristina Has, beide Ärztinnen an der Klinik für Dermatologie und Venerologie des Universitätsklinikums Freiburg, haben auf Grundlage aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse und in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum Skinitial und der Apotheke des Universitätsklinikums Freiburg eine Salbe entwickelt, die erstmals eine deutliche Verbesserung der Symptome erzielt. Die Salbe enthält Statine, welche die gestörte Cholesterinbildung der Haut weitgehend hemmen. Außerdem ist in der Creme funktionsfähiges Cholesterin enthalten, das die Hautzellen dann für den normalen Aufbau der Haut verwenden können. Die Therapie führt bei den Patienten innerhalb von wenigen Wochen zum Verschwinden der seit Jahrzehnten bestehenden entzündlichen Veränderungen und kann somit die Lebensqualität stark verbessern.
Vitamine statt Knochenmarkstransplantation: Ein drei Monate alter Säugling wurde an das Universitätsklinikum Freiburg überwiesen. Er litt unter fehlender Gewichtszunahme, Pilzbelägen im Mund, dauerndem Husten, Durchfällen und Fieber. Die Symptome sprachen für eine schwere angeborene Abwehrschwäche. Zwei Geschwisterkinder waren bereits im Alter von drei Monaten an schweren Infektionen und Blutarmut gestorben. Darum sollte so schnell wie möglich eine Knochenmarkstransplantation durchgeführt werden. Ein Team um Prof. Dr. Stephan Ehl, Ärztlicher Direktor des Centrums für Chronische Immundefizienz des Universitätsklinikums Freiburg, wies jedoch nach, dass der Junge unter einer Störung im Vitamin-Stoffwechsel für Folsäure litt. Ohne ausreichend Folsäure können sich weder Immun- noch andere Blutzellen richtig entwickeln. Ein solcher Transportdefekt für das Vitamin Folsäure wurde weltweit erst bei wenigen Patienten nachgewiesen. Mit diesem Wissen konnte eine passende Therapie gefunden werden. Alle Vorbereitungen für die Transplantation wurden abgebrochen. Der Säugling erhielt Folsäure-Infusionen und schon nach wenigen Tagen kam es zu einer Erholung der Blutbildung, innerhalb von vier Wochen waren alle Immunfunktionen normal und die Infektionen ausgeheilt.
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Freiburg Zentrum für Seltene Erkrankungen
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