Freiburger Neuropathologe erhält eine Million Euro aus Innovations-Förderung der DFG
Prof. Dr. Marco Prinz vom Universitätsklinikum Freiburg erhält renommierte Reinhart-Koselleck-Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft / Erstmals Neuropathologe in das Programm aufgenommen / Projekt erforscht Immun-Fresszellen des GehirnsAls erster deutscher Neuropathologe wird Prof. Dr. Marco Prinz, Ärztlicher Direktor am Institut für Neuropathologie des Universitätsklinikums Freiburg, in das renommierte Reinhart-Koselleck-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) aufgenommen. In seinem Projekt, das mit einer Million Euro für fünf Jahre gefördert wird, untersucht Prof. Prinz Regulation und Funktion von Immunzellen des Gehirns. Diese spielen sowohl bei der Abwehr von Erregern, bei neurodegenerativen Erkrankungen wie auch in der Hirnentwicklung eine wichtige Rolle. Im Reinhart-Koselleck-Programm der DFG werden Wissenschaftler mit besonders ausgewiesenen wissenschaftlichen Leistungen und internationalem Renommee gefördert, um in hohem Maße innovative und im positiven Sinne risikobehaftete Projekte umsetzen zu können.
In dem bewilligten Projekt „Molekulare Regulation der Funktion von Mikrogliazellen und Makrophagen des zentralen Nervensystems“ wird Prof. Prinz spezielle Immunzellen (Mikrogliazellen und andere Hirnmakrophagen) im Gehirn auf Einzelzellebene genetisch in verschiedenen Aktivitätszuständen untersuchen. Mit Hilfe neuester molekularbiologischer Untersuchungen soll so deren Rolle bei Erkrankungen des zentralen Nervensystems deutlich besser verstanden werden. „Wir hoffen, dass die gewonnenen Erkenntnisse in Zukunft auch therapeutisch genutzt werden können, um Mikrogliazellen und Hirnmakrophagen so zu stimulieren, dass diese Zellen bei Erkrankungen auch eine schützende Funktion übernehmen können“, sagt Prof. Prinz.
Immunzellen mit vielfältigsten Funktionen
Makrophagen, auch Fresszellen genannt, gibt es überall im menschlichen Körper. Als Teil des Immunsystems spielen sie eine wichtige Rolle bei sämtlichen Abwehrreaktionen, der Bekämpfung von Tumorzellen und der Wundheilung. In seinem Projekt fokussiert Prof. Prinz auf Makrophagen, welche sich im zentralen Nervensystem aufhalten. Im Gehirn übernehmen diese sogenannten Mikrogliazellen und andere Hirnmakrophagen vor allem die Funktion der Immunüberwachung. Kontinuierlich tasten sie mit ihren Zellfortsätzen die Umgebung ab. Dringen Viren oder Bakterien ein, ziehen sie ihre Fortsätze ein, werden mobil und bewegen sich dorthin, wo sie gebraucht werden.
Mikrogliazellen sind auch für die Hirnentwicklung essentiell. Bei der Verknüpfung der Nervenzellkontakte in unterschiedlichen Hirnregionen werden zunächst zu viele Verbindungen, Synapsen genannt, gebildet. Überflüssige oder fehlerhafte Synapsen werden von den Mikrogliazellen wieder abgeräumt. Somit haben sie eine ähnliche Funktion wie Gärtner, die in der Baumschule die überschüssigen Triebe zurückschneiden und damit die „neuronalen Bäume“ fördern und pflegen. Auch später, im erwachsenen Gehirn, betreiben die Mikrogliazellen die Pflege der Synapsen, welche bei Lernprozessen ständig neu verknüpft, verstärkt oder gelöst werden müssen.
Rolle bei neurodegenerativen Erkrankungen
Bei Krankheiten wie Alzheimer oder Multipler Sklerose (MS) versammeln sich Mikroglia dort, wo die Krankheiten sich im Gewebe ausbilden, so etwa um die Alzheimer-typischen Proteinablagerungen (Plaques) und an Entzündungsherden bei MS. Allerdings zeigen einige Studien, dass die Mikroglia um Alzheimerplaques herum nicht richtig funktionieren. „Offensichtlich sind Mikrogliazellen durch die massive Aufnahme von Alzheimerplaques total überfordert und erschöpfen schnell“, so Prof. Prinz. Ähnliches könnte gelten, wenn Mikroglia bei MS immer wieder zerstörtes Myelin, aus dem die schützende Hülle um Nervenzellen herum besteht, abräumen und ersetzen müssen. Zudem gibt es Hinweise, dass Mikroglia auch im Verlauf der früheren Hirnentwicklung teilweise nicht richtig funktionieren, so dass viele Forscher einen Zusammenhang zwischen Mikroglia-Fehlfunktionen und verschiedenen psychiatrischen Erkrankungen vermuten.
Namensgeber des DFG-Förderprogramms ist der im Jahr 2006 verstorbene Reinhart Koselleck, einer der bedeutendsten deutschen Historiker des 20. Jahrhunderts.
Bild: Prof. Dr. Marco Prinz
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Kontakt:
Prof. Dr. Marco Prinz
Ärztlicher Direktor
Institut für Neuropathologie
Universitätsklinikum Freiburg
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Johannes Faber
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Weitere Informationen:
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Reinhart-Koselleck-Programm der DFG
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