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Freiburg, 11.06.2021

Wie Viren Immunzellen zu Trojanischen Pferden machen

Zytomegalieviren programmieren Fresszellen der Lunge so um, dass sie selbst Viren produzieren und diese in der Lunge verbreiten / Erkenntnisse könnten neue Therapien ermöglichen / Studie im Fachmagazin Cell


Rund die Hälfte der Bevölkerung trägt Zytomegalieviren in sich. Nun konnten Wissenschaftler*innen des Universitätsklinikums Freiburg zeigen, dass die Viren die wichtigsten Immunzellen der Lunge befallen. Die Immun-Fresszellen, als Makrophagen bezeichnet, werden so manipuliert, dass sie ihre Abwehrfunktion verlieren und die Viren in der Lunge verteilen. Das wiederum erleichtert anderen Erregern den Angriff und kann bei geschwächtem Immunsystem zu einer Lungenentzündung und potentiell weiteren schweren Verläufen von Infektionen führen. Die jetzt entschlüsselten Signalwege liefern wichtige Angriffspunkte für neue gezielte Therapien für besonders anfällige Menschen, wie etwa Schwangere und Menschen nach Organtransplantationen. Die Studie erschien am 10. Juni 2021 im renommierten Fachmagazin Cell.

„Die Manipulation der Zytomegalieviren ist so massiv, dass die Fresszellen der Lunge fast vollständig ihre Abwehrfunktion verlieren. Selbst mit molekularen Methoden sind die Zellen kaum noch zu identifizieren“, sagt Prof. Dr. Philipp Henneke, Leiter der Abteilung für Pädiatrische Infektiologie und Rheumatologie des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Freiburg. Er hat die Studie gemeinsam mit Sebastian Baasch in Zusammenarbeit mit Dr. Zsolt Ruzsics vom Institut für Virologie des Universitätsklinikums Freiburg durchgeführt.

Die Forscher*innen konnten nun bei Mäusen nachweisen, dass das Virus in den sogenannten Wnt-Signalweg eingreift. „Dadurch verwandeln sich die umprogrammierten Zellen zu Virusfabriken und tragen – über eine tiefgreifende Änderung ihrer Mobilität – zu einer Verteilung des Virus in der Lunge bei“, sagt Baasch.

Hoffnung auf eine bessere Therapie für besonders anfällige Menschen

Eine Infektion mit Zytomegalieviren (CMV) geschieht oft schon im Kleinkindalter. Die Viren bleiben dann – meist ohne Beschwerden zu verursachen – dauerhaft im Körper. Ist das Immunsystem aber geschwächt, etwa aufgrund einer Krebserkrankung, in der Schwangerschaft oder auch bei Neugeborenen, kann es zu Schäden der Lunge, der Augen und innerer Organe wie Darm oder Leber kommen. Die therapeutischen Möglichkeiten für komplizierte CMV-Infektionen sind immer noch sehr unbefriedigend. Hier setzen die neuen Erkenntnisse der Freiburger Wissenschaftler*innen an. an. „Die Aufklärung von molekularen Schaltern, über die CMV unser Immunsystem manipuliert, ist ein Schritt in der Entwicklung neuer Therapieansätze“, sagt Henneke.

Original-Titel der Publikation: Cytomegalovirus subverts macrophage identity

DOI: https://doi.org/10.1016/j.cell.2021.05.009

Link zur Studie: https://authors.elsevier.com/c/1dDNgL7PXe~cx

Kontakt:
Prof. Dr. Philipp Henneke
Leiter der Sektion für Pädiatrische Infektiologie und Rheumatologie
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin
Universitätsklinikums Freiburg
Telefon: 0761 270-77640
philipp.henneke@uniklinik-freiburg.de


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