Das Magazin 3 - 2019

BUNDESWEIT EINE DER ERSTEN FORSCHUNGSGRUPPEN NEUROETHIK Auch Philipp Kellmeyer sieht großes Potenzial für medizinische Anwendungen mit künstli- cher Intelligenz, auch KI genannt. Der Neurolo- ge gehört seit 2015 der Forschungsgruppe von Ball an. Aktuell ist er zudem Senior Fellow des Forschungsschwerpunkts „Verantwortliche Künstliche Intelligenz“ am Freiburg Institute of Advanced Studies (FRIAS) der Universität und leitet seit Oktober 2019 eine der bundes- weit ersten Forschungsgruppen zum Thema Neuroethik an der Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Freiburg. In seiner neuroethischen Arbeit befasst er sich unter an- derem mit ethischen und gesellschaftlichen Aspekten der Hirndatennutzung. „Wenn bei der Entwicklung neuer KI-Methoden der ver- antwortliche Umgang im Zentrum steht, kön- nen wir viel gewinnen“, so Kellmeyer. Die Ver- antwortung beginnt dabei schon in der Entwicklung. Entscheidet der Programmierer oder der Anwender über Gestaltung und Ziel- setzung? Wie lässt sich verhindern, dass die Software menschliche Vorurteile enthält? Und wer ist schuld bei Fehlern? FACEBOOK, GOOGLE & CO WOLLEN DIE HIRNDATEN Im Medizinbereich mit seinen ohnehin stren- gen Regularien sieht Kellmeyer viele dieser Fra- gen gut berücksichtigt. Anders sieht die Situati- on bei kommerziellen Unternehmen aus. Denn Datengigantenwie Facebook und Google inves- tieren zunehmend in das Sammeln und Aus- werten von Hirndaten. Dabei gehe es weniger darum, konkrete Gedanken auszulesen, son- dern um einen weiteren Datenbaustein. „Die Unternehmen könnten beispielsweise aus der Hirnaktivität auslesen, ob ich müde vor dem Computer sitze.“ In der globalen Kombination von Hirndaten, Onlineverhalten und Bewe- gungsdaten stecke dann der enorme Wert. Ein großflächiger Einsatz könnte in den nächsten drei bis fünf Jahren erfolgen, schätzt Kellmeyer. Neben dieser firmeninternen Forschung för- dert Facebook auch Forschungsprojekte an amerikanischen Universitäten. „HIRNDATEN SCHÜTZEN, BEVOR DIE KONZERNE FAKTEN GESCHAFFEN HABEN“ Die Konzerne arbeiten dabei an massentaugli- chen Systemen, angeblich, damit Nutzer schneller und jederzeit Text tippen können. „Die Firmen versuchen unter dem Deckmantel innovativer Technologien große Datensätze an Hirndaten abzugreifen. Dieser Datensammel- wut müssenwir etwas entgegensetzen.“ Wich- tig sei vor allem, schutzbedürftige Gruppen wie Kinder, kranke oder sehr alte Menschen im Blick zu behalten. „Wir müssen die Hirndaten schützen, bevor die Konzerne Fakten geschaf- fen haben“, so Kellmeyer. I „Wir müssen die Hirndaten schützen, bevor die Konzerne Fakten geschaffen haben.“ Einen Podcast mit Dr. Kellmeyer zum verantwortungsvollen Umgang mit Hirndaten gibt es bei podcast.de/podcast/646995/ sowie bei iTunes und spotify. Blackbox künst­ liche Intelligenz? Dieses Thema greift das Künst- lerduo Innerfields mit dem neun Meter hohen Wandbild am Neurozentrum auf. 25 das magazin 03 | 2019

RkJQdWJsaXNoZXIy NTQxOTA=