Das Magazin 3 - 2019
Auf demBildschirmvon Professor Dr. Daniel Böhringer ist ein verschwommenes Bild zu sehen, das an eine Bienen- wabe erinnert. Tatsächlich ist es die mikroskopische Auf- nahme einer hauchdünnen Zellschicht im Auge, der Endothelschicht. „Die Endothelzellen pumpen kontinu- ierlich Wasser aus der Hornhaut und halten sie so durch- sichtig. Sterben sie ab, trübt die Hornhaut irgendwann ein“, erklärt der Leiter des Schwerpunkts Klinische Studien an der Klinik für Augenheilkunde des Universi- tätsklinikums Freiburg. Um den richtigen Zeitpunkt für die Behandlung zu bestimmen, müssen die Zellen regel- mäßig gezählt werden, bislang von Hand. Doch das ist aufwändig und fehleranfällig. Darum hat ein Team um Böhringer nun eine selbstlernende Software entwickelt, die an hunderten von Hand ausgezählten Bildern trai- niert wurde und nun diese Aufgabe sehr zuverlässig übernimmt. „Wofür selbst ein geübter Mensch mehrere Minuten benötigt, das schafft die selbstlernende Soft- ware in wenigen Sekunden“, sagt Böhringer. „Mit der digitalen Unterstützung können wir archivierte Bilder neu auswerten und in künftigen Studien deutlich mehr Bilder untersuchen“, ist sich Böhringer sicher. VIRTUELLE MIKROSKOPIE Nur wenige Schritte von Böhringers Büro liegt das Insti- tut für Klinische Pathologie des Universitätsklinikums Freiburg. Hier forscht Privatdozent Dr. Gian Kayser an immer besseren Möglichkeiten, Gewebebilder auszu- werten und zu archivieren. „Die Digitalisierung bietet sehr große Möglichkeiten für die Pathologie“, sagt der Leitende Oberarzt. Schon heute begutachten die Freiburger Pathologen mittels virtueller Mikroskopie Gewebeproben aus einem regionalen Krankenhaus fast so, als wären sie vor Ort. Und Medizinstudierende lernen an digitalen Objektträgern komplexe und seltene Krank- heitsbilder kennen. Denn jährlich werden Gewebeproben von fast 50.000 Patientinnen und Patienten in zu bis 100 Einzelschnitten verarbeitet, auf Glasobjektträger fixiert und Jahrzehnte aufbewahrt. Doch die sind schwer, brauchen viel Platz zur Lagerung, können verloren oder kaputt gehen. Die Auswertung von Gewebeschnitten und Mikroskopbildern ist für viele Diagnosen entscheidend, aber bislang oft aufwändig. Wie intelligente Programme bei dieser Arbeit helfen können und welche Herausforderungen bei der Digitalisierung dieser Daten auftreten, erforschen Ärzte und Wissenschaftler des Universitätsklinikums Freiburg. VERDÄCHTIGES GEWEBE SCHNELLER IM BLICK DIGITALE DIAGNOSTIK Digitale Aufnahmen von Gewebeproben könnten in Zukunft das Glasträger-Archiv in der Patho- logie ergänzen. 18 das magazin 03 | 2019
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