Das Magazin 2 - 2018
FREUND ODER FEIND Jahrzehntelang galt das Dogma: Magenentzündungen und Magengeschwüre bekommt, wer zu viel Stress hat und sich schlecht ernährt. Säureblocker konnten die Be- schwerden lindern, aber Rückfälle nicht verhindern. Dann geriet das Bakterium Helicobacter pylori in den Blick der Wissenschaft – und wies den Weg zu Therapien, die eine chronische Gastritis häufig in sieben Tagen heilen können. EIN ECHTER ANPASSUNGSKÜNSTLER Die Entdecker des spiralförmigen Keims, die Australier Robin Warren und Barry Marshall, mussten lange um den Glauben der Fachwelt ringen. 1984 trank Marshall sogar einen Cocktail aus Rinderbrühe und Helicobacter- Bakterien und bewies am eigenen Leib, dass der Keim Magenentzündungen auslöst. Trotzdem brauchte es wei- tere Studien, um die Fachwelt zu überzeugen. „Es war zu- nächst sehr überraschend, dass das säureempfindliche Es verursacht Magenentzündungen, Geschwüre und sogar Magenkrebs. Trotzdem gibt es gute Gründe, warum das Bakterium Helicobacter pylori nicht in jedem Fall entfernt werden sollte. Bakterium in derMagensäure überlebt“, erläutert Professor Dr. Georg Häcker, Ärztlicher Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene am Universi- tätsklinikum Freiburg. Tatsächlich produziert Helicobac- ter Ammoniak, das die Magensäure in seiner direkten Umgebung neutralisiert. So geschützt, bohrt sich der Keim in die weniger saure Magenschleimhaut. „Aus For- schungsprojekten an unserem Institut wissen wir, dass Helicobacter dann direkt Magenschleimhautzellen be- einflusst“, ergänzt Häcker. Angriffe des Immunsystems übersteht das Bakterium, indem es unter anderem Immunzellen direkt hemmt. LEICHT ZU ÜBERFÜHREN Allen Tricks zum Trotz kann Helicobacter heute gut nach- gewiesen und bekämpft werden. „Bei einer Magenspiege- lung können wir zwar nur die von ihm verursachten Ent- zündungen sehen“, sagt Privatdozent Dr. Arthur Schmidt. das magazin 02 | 2018 26 Schwerpunkt Chronische Entzündungen
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